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Erbe ausschlagen: Gründe, Vorgehensweise, Fristen & Alternativen

Mit dem Tod eines Erblassers geht dessen Nachlass mit allen Rechten und Pflichten auf den Erben über, ohne dass dieser tätig werden muss. Häufig finden sich die Erben in der Situation wieder, dass noch offene Schulden des Erblassers zu begleichen sind oder andere Verpflichtungen mit dem Übergang des Nachlasses einhergehen, die nicht vom Erben getragen werden können. Wenn der Erbe die Erbschaft nicht annehmen möchte, steht es ihm frei, die Erbschaft auszuschlagen, § 1942 BGB. Bei der Ausschlagung der Erbschaft müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt und einige Besonderheiten berücksichtigt werden.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Erbschaft muss fristgerecht ausgeschlagen werden, andernfalls gilt die Erbschaft als angenommen.
  • Die Ausschlagung einer Erbschaft kann nicht vor dem Erbfall erklärt werden
  • Die Ausschlagung der Erbschaft verhindert den Übergang der Schulden auf den Erben, auf diese Weise kann das persönliche Vermögen des Erben vor den Gläubigern geschützt werden.
  • Die Frist zur Ausschlagung der Erbschaft beträgt sechs Wochen nach Kenntniserlangung vom Anfall der Erbschaft. In aller Regel nach dem Erbfall oder mit der Eröffnung der letztwilligen Verfügung durch das Nachlassgericht. Eine Ausnahme gilt nur wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland hatte oder wenn sich der Erbe zum Zeitpunkt des Erbfalls im Ausland aufgehalten hat. Dann beträgt die Frist sechs Monate.
  • Mit der wirksamen Ausschlagung wird der Erbe so behandelt, als sei er niemals Erbe geworden. Mit der Ausschlagung verliert der pflichtteilsberechtigte Erbe auch seine Pflichtteilsansprüche, es sei denn, es greift eine der gesetzlichen Ausnahmeregelungen.
  • Mit der Erbausschlagung ist der Erbe auch nicht mehr verpflichtet etwaige Erbschaftsteuern zu bezahlen.

Welche Gründe gibt es für die Ausschlagung des Erbes?

Die Gründe für die Ausschlagung einer Erbschaft können vielfältig sein. Zu beachten ist, dass von Gesetzes wegen keine Begründung der Ausschlagung erfolgen muss, daher kann die Ausschlagungserklärung ohne Begründung abgegeben werden. Die aufgezählten Gründe stellen lediglich persönliche Beweggründe dar.

Häufig wird eine Erbschaft aus dem Grund ausgeschlagen, dass die Schulden des Erblassers so hoch sind, dass sie vom Erben nicht beglichen werden können. Diese Konstellation liegt beispielsweise dann vor, wenn die Schulden aus dem Nachlass den Wert des Nachlasses übersteigen und der Erbe die Schulden somit aus seinem eigenen Vermögen begleichen muss. Die Ausschlagung der Erbschaft verhindert den Übergang der Schulden auf den Erben, auf diese Weise kann das persönliche Vermögen des Erben vor den Gläubigern geschützt werden.

Ein weiterer Grund für die Ausschlagung der Erbschaft kann vorliegen, wenn die anfallende Erbschaftsteuer aus dem persönlichen Vermögen des Erben beglichen werden müssen. Insbesondere wenn ein potenzieller Freibetrag überschritten wird.

Auch wenn der Nachlass für den Erben nur unrelevante Vermögenswerte enthält oder wenn Konflikte zwischen Erbe und Erblasser oder zwischen den Erben bestehen, kann über die Ausschlagung der Erbschaft nachgedacht werden.

Die Ausschlagung einer Erbschaft kann auch aus wirtschaftlich-taktischen Gründen erfolgen. In bestimmten, gesetzlich geregelten Fällen kann der pflichtteilsberechtigte Erbe nämlich die Erbschaft ausschlagen und gleichwohl den Pflichtteil einfordern. Da der Pflichtteilsanspruch ein reiner Geldzahlungsanspruch ist und bspw. Vermächtnisse im Rahmen der Berechnung der Höhe des Pflichtteilsanspruchs nicht abgezogen werden, kann die Ausschlagung der Erbschaft in bestimmten Konstellationen wirtschaftlich durchaus vorteilhaft sein, auch wenn der Nachlass nicht überschuldet ist.

Die Annahme einer Erbschaft ist häufig auch mit administrativen und rechtlichen Aufgaben verbunden. Wer sich mit diesen Vorgängen nicht auseinandersetzen möchte, kann dies durch die Ausschlagung der Erbschaft vermeiden.

Wie kann ich mein Erbe ausschlagen?

Während die Annahme der Erbschaft keiner Form bedarf, muss die Ausschlagung gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden. Dies entweder zur Niederschrift beim Nachlassgericht oder in notariell beglaubigter Form, § 1945 Abs. 1 BGB.

Zuständig für die Niederschrift ist das Nachlassgericht am Wohnsitz des Erben oder das Nachlassgericht am letzten Wohnort des Erblassers.

Wichtig ist außerdem, dass die Frist zur Abgabe der Ausschlagungserklärung eingehalten wird. Nach Kenntnis des Anfalls der Erbschaft hat der Erbe grundsätzlich sechs Wochen Zeit eine entsprechende wirksame Erklärung abzugeben, § 1944 Abs. 1 BGB. Beruht die Erbenstellung auf einer Verfügung von Todes wegen, z.B. Testament, beginnt die Frist mit der Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen an den Erben durch das Nachlassgericht.

Welche Stolpersteine gibt es beim Ausschlagen der Erbschaft und wie kann ich sie vermeiden?

Bevor die Entscheidung für oder gegen eine Ausschlagung der Erbschaft getroffen wird, sollte man sich sicher sein, dass man Kenntnis über den gesamten Umfang des Nachlasses erlangt. Nur so kann sichergestellt werden, dass alle Schulden und jeder Vermögenswert bei der Entscheidung berücksichtigt wurde.

Zwingend erforderlich ist es, die entsprechende Ausschlagungsfrist von sechs Wochen nach Kenntnis vom Anfall der Erbschaft einzuhalten. Nach Ablauf dieser Frist kann die Erbschaft nicht mehr ausgeschlagen werden. Dies kann je nach dem Grund für die Ausschlagung weitreichende Folgen haben. Denn die Ausschlagung bringt rechtliche Konsequenzen mit sich. So wird der Erbe nach Ausschlagung der Erbschaft zwar frei von allen Pflichten, aber dafür kommen diesem auch keine Rechte aus der Erbschaft zu. Eine Unwissenheit über die rechtlichen Konsequenzen der Ausschlagung sollte vermieden werden.

Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht

Am besten lassen sich Stolpersteine bei der Erbausschlagung vermeiden, indem Sie nicht voreilig handeln, sondern sich zuerst darüber informieren, welche Folgen welche Handlung hat. Ein Fachanwalt für Erbrecht kann Ihnen helfen, alle Voraussetzungen und Konsequenzen im Blick zu behalten und Sie bei den Überlegungen zur Ausschlagung der Erbschaft unterstützen.

Welche rechtlichen Konsequenzen hat die Erbausschlagung?

Die Ausschlagung der Erbschaft bringt nicht nur die Befreiung von den Schulden oder Verbindlichkeiten des Erblassers mit sich. Mit der Ausschlagung der Erbschaft verzichtet der Erbe auch auf das Nachlassvermögen. Aus dem Nachlass kommen dem Erben dann keine Vermögenswerte oder Rechte an etwaigen Vermögenswerten zu. Der ausschlagende Erbe verzichtet damit also auch auf sämtliches Eigentum, Geldmittel oder sonstige Ansprüche, die ihm im Rahmen seiner Erbschaft zugekommen wären. Die Erbschaft fällt dann demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte. Als nächstberufener Erbe kommt in der Reihenfolge zunächst der Ersatzerbe in Betracht, die übrigen Miterben infolge der sog. Anwachsung oder der im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge eintretende Erbe.

Bei der Errichtung einer Verfügung von Todes wegen sollte folglich stets an entsprechende Ersatzerbenregelungen gedacht werden.

Zu beachten ist auch, dass die Ausschlagung der Erbschaft grundsätzlich auch zum Verlust des Pflichtteilsanspruchs führt. Anders ist dies nur, wenn der Erbe und der Erblasser als Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben. Auch wenn der Erbe durch die Einsetzung eines Nacherben oder eines Testamentsvollstreckers beschränkt ist oder mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert ist, kann der Pflichtteil trotz Ausschlagung verlangt werden, § 2306 BGB.

Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht

Unter bestimmten Voraussetzungen ist es möglich, ein bereits angenommenes Erbe doch noch auszuschlagen, indem die Annahme der Erbschaft angefochten wird. Dies ist beispielsweise dann möglich, wenn nach Annahme des Erbes unerwartete Schulden des Erblassers bekannt werden, die den Wert des Nachlasses übersteigen, oder man das Erbe unter Irrtum oder Zwang angenommen hat.

Wenn Sie ein bereits angenommenes Erbe doch noch ausschlagen möchten, sollten Sie auf die Hilfe eines erfahrenen Anwalts für Erbrecht vertrauen.

Welche Fristen und formalen Anforderungen sind bei der Erbausschlagung zu beachten?

Nach Kenntnis des Anfalls der Erbschaft hat der Erbe grundsätzlich sechs Wochen Zeit um die Erbschaft auszuschlagen. Beruht die Erbenstellung auf einer Verfügung von Todes wegen, z.B. Testament, beginnt die Frist mit der Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen an den Erben durch das Nachlassgericht.

Wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland hatte oder wenn sich der Erbe zu Beginn der Frist im Ausland aufhält, hat der Erbe sechs Monate Zeit die Erbschaft auszuschlagen.

Erbausschlagung: Besonderheiten bei minderjährigen Erben

Häufig sind Erben zum Zeitpunkt des Anfalls der Erbschaft noch minderjährig. Minderjährige Erben können aufgrund ihrer beschränkten Geschäftsfähigkeit nach § 106 BGB die angefallene Erbschaft nicht eigenständig ausschlagen. Stattdessen muss dies durch ihren gesetzlichen Vertreter, in der Regel durch die Eltern oder ein Vormund, erfolgen. Die Ausschlagung der Erbschaft durch den gesetzlichen Vertreter bedarf der Genehmigung durch das Familiengericht, um sicherzustellen, dass die Ausschlagung im Interesse des Minderjährigen liegt, es sei denn, das minderjährige Kind ist allein deswegen Erbe geworden, weil ein Elternteil die Erbschaft ausgeschlagen hat, § 1643 Abs. 3 BGB. Auch die Ausschlagung eines Minderjährigen muss zur Niederschrift vor dem zuständigen Nachlassgericht abgegeben werden, oder in beglaubigter Form. Hierfür sind die Unterschriften der sorgeberechtigen Elternteile erforderlich.

Welche steuerlichen Aspekte gibt es zu beachten, wenn man ein Erbe ausschlagen möchte?

Auch die mit der Erbschaft anfallenden Erbschaftsteuern können eine Ausschlagung zur Option machen. Je nachdem ob und in welcher Höhe erbschaftsteuerrechtliche Freibeträge geltend gemacht werden können und in welchem Verwandtschaftsverhältnis der Erbe zum Erblasser steht, kann die Erbschaftsteuer in einer nicht unerheblichen Höhe anfallen. Wer ein Erbe ausschlägt, ist von sämtlichen Rechten und Pflichten aus der Erbschaft befreit und zahlt somit auch keine Erbschaftsteuer.

Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht

Bei Fragen zu den steuerlichen Auswirkungen, die mit der Ausschlagung oder der Annahme der Erbschaft entstehen und bei der Frage, wie Sie am besten vorgehen, empfiehlt es sich auf die Expertise eines Fachanwalts für Erbrecht zurückzugreifen.

Welche Alternativen gibt es zur Erbausschlagung?

Auch nach Ablauf der Ausschlagungsfrist hat der Erbe die Möglichkeit seine Haftung für Nachlassverbindlichkeiten durch verschiedene Maßnahmen auf den Nachlass zu beschränken, um damit sein Privatvermögen vor dem Zugriff von Nachlassgläubigern zu schützen.

In Betracht kommen dabei insbesondere folgende Verfahren:

  • Aufgebotsverfahren
  • Nachlassverwaltung
  • Nachlassinsolvenzverfahren
  • Dürftigkeitseinrede.

Aufgrund dieser nach wie vor bestehenden Haftungsbegrenzungsmaßnahmen sollte eine Ausschlagung der Erbschaft niemals übereilt erfolgen.

Wie kann ein Fachanwalt für Erbrecht beim Erbe ausschlagen helfen?

  • Beratung über die rechtlichen Konsequenzen der Erbausschlagung
  • Prüfung der Erbschaftsunterlagen und rechtlichen Rahmenbedingungen
  • Unterstützung bei der Einhaltung von Fristen und formalen Anforderungen
  • Erstellung der Ausschlagungserklärung gemäß den gesetzlichen Anforderungen
  • Vertretung vor dem Nachlassgericht oder anderen relevanten Behörden
  • Beratung über Alternativen zur Erbausschlagung und deren Auswirkungen
  • Klärung steuerlicher Aspekte und Auswirkungen der Ausschlagung
  • Verhandlung mit anderen Erben

Ihre Ansprechpartner in München zu diesem Thema sind:

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