Gemäß §§ 2314, 2325 BGB erstreckt sich der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten auch auf den sogenannten fiktiven Nachlass, also auf solche Gegenstände, die nur deshalb nicht (mehr) zum realen Nachlass am Todestag gehören, weil sie zu Lebzeiten des Erblassers verschenkt oder auf andere Weise aus seinem Vermögen ausgegliedert wurden (BGH, BGHZ 89, 24, 27; BGH, BGHZ 55, 378, 379). Der Erbe ist deshalb verpflichtet, folgende vom Erblasser zu Lebzeiten getätigten Zuwendungen (z.B. Übertragungen und Schenkungen) in das Nachlassverzeichnis mit aufzunehmen:
- Der Erbe ist gemäß § 2325 Abs. 3 S. 3 BGB verpflichtet, sämtliche Schenkungen mitzuteilen, die der Erblasser an seinen Ehegatten während der Ehezeit getätigt hat; eine zeitliche Begrenzung der Auskunftspflicht (z.B. auf zehn Jahre) besteht hier nicht.
- Des Weiteren muss das Nachlassverzeichnis sämtliche lebzeitigen Vorempfänge, die nach den §§ 2050 ff. BGB unter Abkömmlingen zur Ausgleichung zu bringen sind, enthalten; eine zeitliche Begrenzung der Auskunftspflicht (z.B. auf zehn Jahre) besteht hier nicht.
- Die Auskunftspflicht besteht auch bei sog. gemischten Schenkungen, d.h. bei Zuwendungen, deren Wert möglicherweise durch eine nicht gleichwertige Gegenleistung des Beschenkten gemindert werden.
Nach ständiger Rechtsprechung (BGH, NJW 1987, 122; OLG Düsseldorf, NJWE-FER 1999, 279) besteht eine Auskunftspflicht auch über folgende Zuwendungen, die unter Umständen länger als 10 Jahre vor dem Erbfall zurückliegen:
- Schenkungen unter Nießbrauchvorbehalt
- Schenkungen unter Vorbehalt eines Wohnrechts
- Zuwendung eines Oder-Konto
- Schenkungen mit Rückfall- oder Widerrufklauseln
Der Erbe ist weiter zur Auskunft verpflichtet, ob und in welchem Umfang der Erblasser Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall (z.B. Sparbücher, Sparkonten, Versicherungen) abgeschlossen hat.
Bei Lebensversicherungen hat der Erbe mitzuteilen, ob ein widerrufliches oder ein unwiderrufliches Bezugsrecht vereinbart war, zu welchem Zeitpunkt die Bezugsrechtseinräumung durch den Erblasser erfolgte, wie hoch die Lebensversicherungssumme ist, in welcher Höhe der Erblasser bis zum Erbfall Versicherungsprämien bezahlt hat sowie welchen Wert die Versicherung zum Todeszeitpunkt hatte. Hierzu ist der Rückkaufswert der Lebensversicherung zum Zeitpunkt des Todes mitzuteilen.
Nach dem Wortlaut des § 2314 BGB schuldet nur der Erbe Auskunft über den Bestand des Nachlasses. Der Bundesgerichthof (NJW 1989, 2887; NJW 1984, 487) hat den Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten aber in persönlicher Hinsicht auch auf den beschenkten Dritten ausgedehnt.
In seinem Beschluss vom 04.06.2014 schränkte der BGH den Umfang der Auskunftspflicht des beschenkten Dritten beim Pflichtteilsergänzungsanspruch ein: Anders als der Erbe schuldet der beschenkte Dritte nicht ein Bestands- oder Vermögensverzeichnis mit allen Aktiva oder Passiva. Vielmehr hat er Auskünfte über die an ihn geflossenen Zuwendungen zu erteilen, bei denen es sich um Schenkungen handelt oder um Veräußerungen, von denen streitig und ungeklärt ist, ob sie eine Schenkung darstellen, sofern sie nur unter Umständen erfolgt sind, die Annahme nahelegen, es handele sich in Wirklichkeit – wenigstens zum Teil – um eine Schenkung.