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Handelsvertreterrecht

Handelsvertreter sind für die Vermarktung und den Vertrieb der Produkte und Dienstleistungen von großer Bedeutung für Hersteller und Lieferanten. Der Vertriebsweg wird häufig über Handelsvertreter wird gewählt, um Neukunden zu gewinnen und Stammkunden effektiv zu betreuen. Neue Vertriebsgebiete sollen erschlossen und bestehende Vertriebsgebiete effektiv erweitert werden. Handelsvertreter partizipieren regelmäßig ausschließlich am Erfolg der vermittelten bzw. abgeschlossenen Geschäfte.

Wir haben langjährige Erfahrung in allen Bereichen des Handelsvertreterrechts und sind täglich mit der Lösung von rechtlichen Problemen, der Klärung von Auseinandersetzungen zwischen Unternehmen und Handelsvertretern sowie der Gestaltung von Handelsvertreterverträgen befasst. Durch unsere Spezialisierung im Handelsvertreterrecht können wir Sie optimal beraten und unterstützen.

Stellung des Handelsvertreters

Die Stellung des Handelsvertreters ergibt sich aus § 84 Abs. 1 HGB. Folgende Merkmale sind für einen Handelsvertreter charakteristisch:

  • Selbstständigkeit (eigenes Gewerbe, trägt Unternehmer- bzw. Kostenrisiko)
  • Fortdauernde Vertragsbeziehung zum Unternehmen
  • Vermittlung/ Abschluss von Geschäften und Kundenbetreuung im Namen und für Rechnung des vertretenen Unternehmens
  • Freie Gestaltung der Tätigkeit
  • Freie Bestimmung der Arbeitszeit ohne Weisung des Unternehmers
  • Erfolgsabhängige Vergütung/ Provision ohne Abzug von Steuern und Sozialabgaben

Welche Arten der Handelsvertretung gibt es?

Ist der Handelsvertreter ausschließlich nur für ein Unternehmer tätig, handelt es sich um einen sogenannten Einfirmenvertreter.

Expertentipp:

Handelsvertreter mit nur einem Auftraggeber können trotz ihrer Selbstständigkeit gemäß § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI rentenversicherungspflichtig sein, soweit sie im Zusammenhang mit der selbständigen Tätigkeit keinen Versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen.

Nach unserer Erfahrung ist vielen Handelsvertretern die Rentenversicherungspflicht nicht geläufig. Existenzgründer können sich gemäß § 6 (1A) SGB VI für einen Zeitraum von bis zu 3 Jahren nach erstmaliger Aufnahme der selbständigen Tätigkeit sowie unter bestimmten Voraussetzungen nach Vollendung des 58. Lebensjahres von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen.

Vertritt der Handelsvertreter mehrere Unternehmen, wird dieser als Mehrfirmenvertreter bezeichnet.

Der Vermittlungsvertreter ist mit der bloßen Vermittlung von Geschäften betraut und zum Geschäftsabschluss nicht befugt.

Der Abschlussvertreter schließt namens und in Vollmacht des Unternehmers mit den Kunden selbst Verträge ab.

Der Alleinvertreter hat innerhalb eines fest zugewiesenen Gebiets oder einem festgelegten Kundenkreis das alleinige Recht und die Pflicht, den Unternehmer dort exklusiv zu vertreten. Die Position der Alleinvertretung bedeutet zugleich ein Wettbewerbsverbot zulasten des Unternehmers.

Dem Bezirksvertreter ist ein bestimmter Bezirk zur Ausübung seiner Tätigkeit zugewiesen. Er hat für die Dauer seines Vertragsverhältnisses Anspruch auf Provisionen für alle Geschäfte mit Personen seines Bezirkes oder Kundenkreises, auch wenn er an der Vermittlung von Geschäften in diesem Bezirk oder mit dem Kundenkreis unmittelbar nicht mitgewirkt hat. Ohne vertragliche Vereinbarung hat er kein Alleinvertriebsrecht in seinem Bezirk.

Der Untervertreter wird vom Handelsvertreter als Hauptvertreter zur Erfüllung seiner Aufgaben gegenüber dem Unternehmen beauftragt („echter Untervertreter“). Der Hauptvertreter haftet dem Untervertreter in der Regel gegenüber allein auf die Zahlung der Provision und einen etwaigen Ausgleichsanspruch, selbst wenn der Untervertreter für das Unternehmen Geschäftsabschlüsse vermittelt. Es ist aber auch eine Untervertretung durch Abschluss eines unmittelbaren Handelsvertretervertrages zwischen Unternehmen und Untervertreter möglich („unechter Untervertreter“).

Der Versicherungsvertreter ist als Handelsvertreter ständig damit betraut, Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen.

Der Handelsvertreter kann seine Tätigkeit auch nur im Nebenberuf ausüben. Hier gelten gemäß § 92b HGB Sonderregelungen gegenüber dem Handelsvertreter im Hauptberuf: Die Einordnung der Tätigkeit im Nebenberuf erfolgt in der Regel nach dem erzielten Einkommen sowie danach, dass der Handelsvertreter noch weitere Beschäftigungen ausübt. Ein Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB steht dem Handelsvertreter im Nebenberuf nicht zu. Ferner gilt eine kürzere Kündigungsfrist (Frist von 1 Monat für den Schluss eines Kalendermonats). Allerdings kann auch eine andere Kündigungsfrist vereinbart werden, die jedoch nicht unangemessen lang sein darf und für beide Teile gleich sein muss. Der Anspruch auf einen angemessenen Vorschuss kann ausgeschlossen werden.

Expertentipp:

Der Unternehmer kann sich auf die abweichenden Regelungen nur berufen, wenn er den Handelsvertreter ausdrücklich als „Handelsvertreter im Nebenberuf“ mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften betraut hat und dies auch nachweislich ist.

Welche Unterschiede bestehen zwischen Handelsvertretung und anderen Vertriebsformen?

Der Vertrieb kann sehr unterschiedlich rechtlich gestaltet werden. Entscheidend sind unter anderem Kriterien wie Selbstständigkeit, abhängige Beschäftigung, Übernahme des Vertriebsrisikos, Einbindung in Vertriebsstrukturen, etc.

Nachfolgend ein Überblick zu den wesentlichen Vertriebsformen:

  • Angestellter Handlungsreisender

Der angestellte Handlungsreisende ist unselbstständig tätig und kann seine Arbeitszeit und Tätigkeit nicht frei bestimmen. Er ist weisungsgebunden und vermittelt bzw. vereinbart Geschäfte im Namen seines Arbeitgebers. Die Vergütung besteht regelmäßig aus einem festen und einem variablen Vergütungsanteil, je nach Umfang der vermittelten/ abgeschlossenen Geschäfte.

  • Kommissionär

Der Kommissionär ist selbstständig. Er handelt, ohne ständig von einem Unternehmer damit betraut zu sein, für fremde Rechnung und im eigenen Namen.

  • Kommissionsagent

Der Kommissionsagent ist als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut, für fremde Rechnung Geschäfte im eigenen Namen abzuschließen. In seiner persönlichen Beziehung zu dem Unternehmer ist der Kommissionsagent dem Handelsvertreter ähnlich, während durch die Geschäftsbesorgung begründeten Beziehungen im Übrigen nach den Vorschriften über den Kommissionär gem. §§ 383 ff. HGB zu behandeln sind. Dritten gegenüber haftet der Kommissionsagent als Kommissionär, es sei denn, er hat erkennbar als Agent abgeschlossen.

  • Vertragshändler

Der Vertragshändler oder Eigenhändler verkauft Waren in eigenem Namen und für eigene Rechnung. Bei einer Eingliederung in die Absatzorganisation des Herstellers, ähnlicher Lage der Rechte und Pflichten wie beim Handelsvertreter und bei Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstamms gilt das Handelsvertreterrecht in einigen Bereichen entsprechend, insbesondere der Anspruch auf Ausgleich nach § 89 b HGB.

  • Handelsmakler

Der Handelsmakler schließt in fremdem Namen Geschäfte ab, ohne ständig vertraglich damit betraut zu sein. Er ist – im Gegensatz zum Handelsvertreter – nicht zu einer ständigen Kundenbetreuung und Geschäftsvermittlung verpflichtet und hat daher auch keinen Anspruch auf Handelsvertreterausgleich gem. § 89b HGB. Ihm stehen auch nicht die Kontrollrechte eines Handelsvertreters zu.

  • Franchisenehmer

Der Franchisenehmer wird im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig. Zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer besteht ein Dauervertragsverhältnis mit umfassenden gegenseitigen Rechten und Pflichten. Der Franchisegeber stellt dem Franchisenehmer dabei „Know-how“ zum Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen gegen Gebühr zur Verfügung. Die Nutzung der Geschäftsbezeichnung, Corporate Identity, Lieferkette erfolgt einheitlich.

  • Lizenznehmer

Der Lizenznehmer erhält vom Lizenzgeber einfache oder ausschließliche Rechte zur selbständigen Nutzung eingeräumt.

Expertentipp:

Die verschiedenen Vertriebsformen können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein und gestaltet werden. Auch können Mischformen vereinbart werden.

Muss die Handelsvertretung persönlich erfolgen?

Der Handelsvertreter ist gegenüber dem Unternehmer gemäß § 613 S. 1 BGB zur persönlichen Dienstleistung verpflichtet.

Der Handelsvertreter ist aber als Selbstständiger berechtigt, Erfüllungsgehilfen sowie selbständige Untervertreter zu beauftragen, soweit dies vertraglich nicht abweichend geregelt ist. Ein Verschulden der von ihm eingesetzten Erfüllungsgehilfen wird dem Handelsvertreter gemäß § 278 BGB zugerechnet.

Kann die Handelsvertretung auch durch eine Vertretungsgesellschaft erfolgen?

Das Handelsvertretergeschäft kann auch durch eine Vertretungsgesellschaft bzw. Vertriebsgesellschaft erfolgen. Die Gesellschaft ist dann persönlich im Sinne des § 613 BGB verpflichtet.

Mit der Vertretung kann entweder eine Personengesellschaft (OHG oder KG) oder auch eine Kapitalgesellschaft (z.B. GmbH) beauftragt werden. Regelmäßig wird bei einem Vertragsschluss mit einer solchen Vertriebsgesellschaft an das Vertrauen zu einer für die Gesellschaft handelnden Person (insbesondere Geschäftsführer) angeknüpft. Hierdurch wird die persönliche Dienstleistung gekennzeichnet.

Vorteile einer GmbH sind unter anderem die Haftungsbeschränkung neben der Vermeidung der Sozialversicherungspflicht, aber auch die Möglichkeit des Eintritts und Austritts neuer Gesellschafter sowie die Möglichkeit zur Übertragung von Gesellschaftsanteilen, ohne dass hierdurch zwangsläufig Änderungen des Handelsvertretervertrags erforderlich werden. Auch steuerliche Vorteile können sich ergeben.

Auch die Personengesellschaft kann Vertragspartner eines Handelsvertretervertrags werden.

Von wesentlicher Bedeutung für den Handelsvertreterausgleich ist, dass ein Anspruch auf Ausgleich gemäß § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB durch Beendigung wegen Alters, Krankheit oder Tod nicht entstehen kann, weil die Gesellschaft als Vertragspartner des Unternehmers hiervon nicht betroffen ist.

  • Auch dies kann in Abhängigkeit zur persönlichen Leistungserbringung einer handelnden Person der Vertretergesellschaft vertraglich mit einer sogenannten „Exit-Regelung“ gestaltet werden.

Regelmäßig wollen sich Unternehmen davor schützen, dass durch den Eintritt oder Austritt eines Gesellschafters Personen die Vertretung übernehmen, mit denen kein Einverständnis besteht.

  • Zu diesem Zweck kann im Handelsvertretervertrag ein entsprechender Zustimmungsvorbehalt oder auch eine „Change of Control-Klausel“ gestaltet werden, die dem Unternehmer die Möglichkeit der Einflussnahme auf den Vertragspartner gibt.

Was wir für Sie im Handelsvertreterrecht tun können:

Wir sind auf die Beratung und Unterstützung von Handelsvertretern und Unternehmern spezialisiert. Hier können wir Sie insbesondere in folgenden Bereichen unterstützen:

  • Prüfung, Gestaltung und Verhandlung von Handelsvertreterverträgen
  • Beratung zur Wahl geeigneter Vertriebsstrukturen und Vertriebsformen
  • Beratung und Vertretung von Handelsvertretern und Unternehmen bei rechtlichen Auseinandersetzungen
  • Klärung von Rechtsfragen im Handelsvertreterrecht
  • gesellschaftsrechtliche Beratung von Vertriebsgesellschaften
  • Beratung und Gestaltung von Nachfolgevereinbarungen und Vertretungskauf

Ihr Ansprechpartner in München zu diesem Thema ist:

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