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Handelsvertretervertrag

Die rechtliche Beziehung zwischen Handelsvertreter und Unternehmer wird vertraglich und zum Teil abweichend zu den §§ 84 ff. HGB geregelt.

Die Vertragsparteien haben mehr oder weniger klare Vorstellungen von den wirtschaftlichen Zielen, die sie mit dem zu schließenden Vertrag verfolgen wollen. Hinzu kommen Erfahrungen, die Anlass zum Schutz der wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen im Vertrag geben.

Beiden Parteien ist daher zu empfehlen, eine gut ausformulierte individuelle Vertragsgrundlage durch ausführliche gemeinsam Gespräche vorzubereiten. Dazu geben wir Ihnen nachfolgend einen Überblick sowie eine Checkliste zur Vorbereitung.

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Muss der Handelsvertretervertrag schriftlich abgeschlossen werden?

Der Handelsvertretervertrag kann grundsätzlich ohne Einhaltung der Schriftform, also auch mündlich und stillschweigend abgeschlossen werden. Mündliche Abreden sind daher möglich, aber regelmäßig unvollständig und führen im Streitfall häufig zu Beweisproblemen. Schriftlich müssen die Vereinbarung der Delkrederehaftung sowie ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot abgeschlossen werden, soweit dies vereinbart werden soll.

Zur klaren Festlegung von gegenseitigen Rechten und Pflichten empfiehlt sich, den Vertrag schriftlich abzuschließen. Das gilt insbesondere, wenn von gesetzlichen Regelungen abgewichen werden soll (z.B.: Fälligkeit Provision, Überhangprovision, nachvertragliche Provision, Bezirksvertretung, exklusive Alleinvertretung, Widerrufsvorbehalt, Einstandszahlung, etc.).

Bei der Fertigung des Vertrages muss darauf geachtet werden, dass die für die Handelsvertretung maßgeblichen §§ 84 ff HGB zum Teil zwingend, d.h. vertraglich nicht abänderbar sind und daher nicht davon abgewichen werden kann.

Welche Klauseln sollte ein Handelsvertretervertrag enthalten?

Vor der Gestaltung eines Handelsvertretervertrages sind die wesentlichen Vertragsziele (Produkte, Gebiet, Kunden, Provision, Abweichungen, etc.) definiert und mit dem Vertragspartner abgestimmt werden.

Sodann muss auf eine detaillierte und umfassende Vertragsgestaltung geachtet werden, die. einerseits das zuvor Besprochene zutreffend wiedergibt und andererseits das Vertragsziel sowie den hierfür erforderlichen rechtlichen Schutz berücksichtigt.

Hinweis

Wir haben langjährige Erfahrung bei der Gestaltung von Verträgen und können Ihnen den passenden Vertrag erarbeiten und sicherstellen, dass Ihnen keine Fehler unterlaufen, die während des Vertrages zu Streit und/oder am Ende der Vertragsbeziehung zu ungewünschten Rechtsfolgen führen können.

Welche Kardinalfehler gibt es bei der Erstellung eines Handelsvertretervertrags?

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Welche Fallstricke sind bei der Erstellung von Handelsvertreterverträgen zu vermeiden?

Handelsvertreterverträge sind unter Beachtung des Rechts über Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zu formulieren. Danach müssen Vertragsklauseln klar und transparent sein, dürfen nicht widersprüchlich sein und den Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligen. Unklarheiten im Vertragswerk gehen zulasten des Verwenders. Verwender ist regelmäßig der Unternehmer.

Im Zweifel sind nur die einzelnen Klauseln und nicht der gesamte Vertrag unwirksam, soweit die relevante Klausel unklar, widersprüchlich oder den Vertragspartner unangemessen benachteiligt. Stattdessen gilt die gesetzliche Regelung.

Nachfolgend erläutern wir einige unwirksame Klauseln, die regelmäßig in Handelsvertreterverträgen zu finden sind:

Änderungsvorbehalt

  • Unzulässig ist eine Klausel, die einer Partei das Recht einräumt, jederzeit und ohne Ankündigung einseitig Provisionen, Boni, Nachlässe zu bestimmen oder zu ändern, insbesondere soweit die Änderungen wesentlich sind.
  • Insbesondere ist ein „jederzeitiges Änderungsrecht“ unzulässig.
  • Ein Vorbehalt der Änderung vertraglich vereinbarter Bedingungen kann nur dann wirksam sei, wenn sachliche Änderungsgründe in der Vorbehaltsregelung aufgeführt sind und die Regelung selbst hinreichend transparent und für den Vertragspartner nachvollziehbar ist. Ferner müssen die angemessenen Interessen des Vertragspartners berücksichtigt werden, z.B. durch Einräumung einer Auslauffrist und durch Ausgleich des Verlusts von etwaigen Ansprüchen. Nachdem es in der Praxis an derartigen ausgewogenen Vertragsregelungen regelmäßig fehlt, sind vertragliche Änderungsvorbehalte häufig unwirksam.

Ausgleichsanspruch

  • Vertragliche Regelungen, die den Anspruch auf Handelsvertreterausgleich ausschließen oder beschränken, sind gemäß § 89b Abs. 4 HGB unwirksam.

Ausschluss von Provision und Überhangprovision

  • Der grundsätzliche Ausschluss von Provision für den Fall der Beendigung des Vertretervertrags ist unwirksam.
  • Auch der Ausschluss der Provision für jeglichen Fall der Abweichung des ausgeführten Geschäfts von dem eigentlichen Geschäftsabschluss ist unwirksam.
  • Eine Klausel, wonach die Provision für ein vor Beendigung des Vertretervertrag abgeschlossenes Geschäft ausgeschlossen wird, wenn das Geschäft nicht innerhalb von 6 Monaten nach Beendigung des Vertrags ausgeführt wird, ist unwirksam.

Geheimhaltung

  • Eine Klausel, wonach „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ zu schützen sind, ohne diese Geheimnisse zumindest dem Grunde nach zu konkretisieren, verstößt regelmäßig gegen das Transparenzgebot und ist unwirksam. Auch sind hier die gesetzlichen Anforderungen für einen wirksamen Schutz von Geschäftsgeheimnissen nach dem Geschäftsgeheimnisgesetz zu beachten.
  • Grundsätzlich zulässige Klauseln über die Verpflichtung zur Geheimhaltung können unwirksam sein, wenn die Pflicht zur Geheimhaltung ohne Ausnahmen geregelt wird. Ausnahmen sind in der Regelung zu berücksichtigen (z.B. wenn dem Vertragspartner die relevante Tatsache bereits bekannt war oder eine Offenbarungspflicht gegenüber Behörden oder Gerichten besteht).

Eintrittsvereinbarung

  • Eine Eintrittsvereinbarung, wonach der Handelsvertreter zur Zahlung eines Abstands, gegebenenfalls gegen Anrechnung auf den Anspruch auf Handelsvertreterausgleich verpflichtet wird, ist ohne Gegenleistung für den Handelsvertreter unwirksam.
  • Die Pflicht zur Zahlung des Eintrittsgeldes nach Kündigung ohne Differenzierung nach Kündigungsgrund und Vertragslaufzeit ist regelmäßig unwirksam.

Gebietsschutz

  • Eine Klausel, die dem Handelsvertreter den vertraglich gewährten Gebietsschutz nimmt, soweit dieser eine unrealistische Umsatzvorgabe nicht erreicht, ist unwirksam.

Handelsvertreter im Nebenberuf

  • Eine Klausel, die einen Handelsvertreter als Handelsvertreter im Nebenberuf einstuft, obwohl dieser tatsächlich hauptberuflich tätig ist, ist unwirksam. Das gilt insbesondere dann, wenn dadurch der Anspruch auf Handelsvertreterausgleich gemäß § 89b HGB ausgeschlossen werden soll.

Haftung

  • Klauseln, die eine Haftung für die Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit einschränken, sind unwirksam.
  • Klauseln, die die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ausschließen, sind ebenfalls unwirksam.

Kaufverpflichtung Musterkollektion

  • Der Handelsvertreter kann nicht wirksam vertraglich verpflichtet werden, die ihm zu Vertriebszwecken überlassene Musterkollektion zu kaufen, weil der Unternehmer diese zur Unterstützung des Handelsvertreters kostenfrei zur Verfügung stellen muss.

Kündigungserschwernis

  • Eine Klausel, mit der die Kündigung des Vertragspartners erschwert werden soll/kann, ist unwirksam. Davon betroffen sind z.B. Klauseln über die Rückzahlung von freiwilligen Boni oder sonstigen Gratifikationen, die darauf hinwirken, dass das reguläre Kündigungsrecht gemäß § 89 HGB unzumutbar verlängert bzw. langfristig faktisch ausgeschlossen werden soll.

Mindestumsatz (Kündigung wegen Nichterreichung)

  • Klauseln, die das Recht zur (außerordentlichen) Kündigung des Vertrags regeln, soweit ein festgelegter Mindestumsatz nicht erreicht ist, sind regelmäßig unwirksam. Das gilt jedenfalls dann, wenn der vereinbarte Mindestumsatz bei allgemeiner Betrachtung nur schwerlich zu erzielen sind. Bei der Prüfung der Zulässigkeit einer solchen Klausel kommt es darauf an, ob ein berechtigter Mindestumsatz vereinbart wurde und die Klausel auf eine Pflichtverletzung des Handelsvertreters abstellt, die zur Nichterreichung des Mindestumsatzes führt. Die bloße Nichterreichung des Mindestumsatzes ohne Bezug zu einer Pflichtverletzung genügt nicht, zumal es hier auf weitere Umstände der Zielverfehlung ankommt, die auf dem Fehlverhalten des Handelsvertreters beruhen müssen. “Mindestumsatz-Klauseln“ sind daher nicht selten unwirksam.

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

  • Klauseln über ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot sind unwirksam, wenn sie vor Beendigung des Vertretervertrags geschlossen wurden und eine Karenzentschädigung ausdrücklich ausschließen. Die bloße Nichterwähnung der Karenzentschädigung führt nicht zur Unwirksamkeit, da diese auch ohne ausdrückliche Vereinbarung gemäß § 90a Abs. 1 S. 3 HGB vom Unternehmer geschuldet wird.
  • Die Überschreitung der zeitlichen Dauer der Wettbewerbsabrede von 2 Jahren oder die Ausweitung der Abrede über den ursprünglich zugewiesenen Bezirk oder Kundenkreis hinaus und/oder über die vertragsgegenständlichen Produkte hinaus, führt regelmäßig zur Unwirksamkeit der Wettbewerbsabrede.

Stornoreserve

  • Der Abzug von Teilen der Provision zur Auffüllung einer Stornoreserve ist grundsätzlich zulässig. Eine Klausel ohne transparente Voraussetzungen für die Auszahlung der Stornoreserve ist aber regelmäßig unwirksam.
  • Eine Klausel, wonach der Anspruch auf Auszahlung der Stornoreserve nach dem Ausscheiden des Versicherungsvertreters erst dann entsteht, wenn sämtliche Forderungen des Unternehmers gegen ihn ausgeglichen sind und sämtliche Verträge sich außerhalb der Haftungszeit befinden, ist unwirksam. Die Klausel muss einen angemessenen Zeitraum für die Auszahlung angeben.

Vertragsstrafe

  • Eine Klausel, wonach die Vertragsstrafe unabhängig von dem Verschulden des Vertragspartners verwirkt werden soll, ist regelmäßig unwirksam.
  • Eine Vertragsstrafe in Höhe einer doppelten Monatsprovision wird ebenfalls als unwirksam angesehen.
  • Verschuldensunabhängige Klauseln mit hohen Vertragsstrafen ohne Differenzierung nach der Schwere des Verstoßes sind regelmäßig unangemessen und damit unwirksam.

Verjährung

  • Klauseln, mit denen die gesetzliche Verjährung von 3 Jahren verkürzt werden soll, sind unwirksam, soweit hier von die Haftung wegen Vorsatzes nicht ausgeschlossen ist (§ 202 Abs. 1 BGB).
  • Eine Verjährungsverkürzung auf 6 Monate nach Fälligkeit unabhängig von einer Kenntnis des Handelsvertreters ist unwirksam.
  • Unzulässig ist eine Verjährungsverkürzung soweit die Verjährung vor Ablauf der einjährigen Frist zur Geltendmachung des Handelsvertreterausgleichs gemäß § 89b HGB eintreten soll.

Vertragslaufzeit

  • Die zwingenden Mindestkündigungsfristen sind unter § 89 HGB geregelt. Vertragsklauseln, die diese Kündigungsfristen unterschreiten, sind unwirksam.
  • Die Erschwerung der Kündigung durch Vertragsklauseln führt zur Unwirksamkeit der Kündigungsregelung. Beispiele:
    • Vertragsstrafe für den Fall der Kündigung
    • Rückforderung langfristig gewährter Darlehen oder sonstiger Zahlungen
    • Widerruf von Boni, Provisionen, Altersversorgungen, etc.

Widerrufsvorbehalt für gezahlte Provision

  • Eine Klausel, mit der sich der Unternehmer das Recht vorbehält, die gezahlte Provision oder einen Teil davon zu widerrufen, ist regelmäßig unwirksam, wenn der Handelsvertreter aus der vertraglichen Regelung nicht nachvollziehen kann, aus welchem sachlichen Grund und in welchem konkreten Fall ein Recht zum Widerruf bestehen soll. Zudem muss die Regelung des Widerrufs eine Entscheidung nach billigem Ermessen vorsehen. Letztlich darf ein solcher Widerruf nicht zu einem Kündigungserschwernis führen.

Zurückbehaltungsrecht

  • Der Ausschluss oder Verzicht auf ein Zurückbehaltungsrecht im Voraus ist unwirksam (§ 88a Abs. 1 HGB).

Checkliste für die Inhalte eines Handelsvertretervertrags

Nachfolgende Regelungspunkte sollten die Vertragspartner im Vorfeld der Vertragsgestaltung klären:

  1. Bezeichnung der Vertragsparteien
  2. Stellung des Handelsvertreters (selbstständig, hauptberuflich, nebenberuflich) Ggf. ausdrückliche Bezeichnung „Handelsvertreter im Nebenberuf“, soweit kein hauptberuflicher Handelsvertreter tätig wird. Das hat Auswirkungen unter anderem auf die Kündigungsfristen und den Anspruch auf Handelsvertreterausgleich.
  3. ggf. Alleinvertretung (Exklusivität)
  4. Zuweisung des Einsatzgebietes und/oder des Kundenkreises. Hier ist zu entscheiden, ob ein bloßes Tätigkeitsgebiet zugewiesen wird oder Bezirksschutz gewährt wird.
  5. Beschreibung und Angabe der zu vertreibenden Produkte, Klärung Veränderung und Erweiterung des Produktportfolios
  6. Übernahme Kundenstamm, Kundenbetreuung
  7. Aufgaben und Befugnisse des Handelsvertreters (ggf. Abschlussberechtigung)
  8. Rechte und Pflichten des Handelsvertreters (z.B. Bemühen, Berichte, CRM, etc.)
  9. Rechte und Pflichten des Unternehmers (z.B. Unterstützungspflicht, Mitwirkung, Auskünfte, Markennutzung, etc.)
  10. Provision (Definition der provisionspflichtigen Geschäfte, Provisionssatzes, gegebenenfalls Staffel, Fälligkeit des Provisionsanspruchs, Wegfall, Krankheit, Überhangprovision, nachvertragliche Provision, Retouren, Abrechnungsmodalitäten, etc.)
  11. ggf. Aufwendungsersatz bzw. Ausschluss
  12. ggf. Änderungsvorbehalt bezüglich Vertragsbedingungen, die gegebenenfalls später geändert werden sollen, ohne den Vertrag kündigen zu müssen.
  13. Regelung Haftungsverhältnisse
  14. ggf. nachvertragliches Wettbewerbsverbot (Dauer, Gebiet, Produkte, Karenzentschädigung)
  15. Dauer des Vertrages, Kündigungstermin und–fristen
  16. Rückgabe von Gegenständen, Aufrechnung und Zurückbehaltung
  17. Ausgleichsanspruch (z.B. Art und Weise der Berechnung, Aufrechnung Darlehen, Einstandsvereinbarung)
  18. Abgeltung, Abtretung und Verjährung von Ansprüchen
  19. Besonderheiten bei Handelsvertretung durch Vertretergesellschaft
  20. Gerichtsstand und Erfüllungsort
  21. ggf. Schiedsgerichtsvereinbarung
  22. Datum und Unterschriften der Vertragsparteien

Was wir für Sie im Handelsvertreterrecht tun können:

Wir sind auf die Beratung und Unterstützung von Handelsvertretern und Unternehmern spezialisiert. Hier können wir Sie insbesondere in folgenden Bereichen unterstützen:

  • Prüfung, Gestaltung und Verhandlung von Handelsvertreterverträgen
  • Beratung zur Wahl geeigneter Vertriebsstrukturen und Vertriebsformen
  • Beratung und Vertretung von Handelsvertretern und Unternehmen bei rechtlichen Auseinandersetzungen
  • Klärung von Rechtsfragen im Handelsvertreterrecht
  • gesellschaftsrechtliche Beratung von Vertriebsgesellschaften
  • Beratung und Gestaltung von Nachfolgevereinbarungen und Vertretungskauf

Nehmen Sie gern Kontakt zu uns auf.

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