Ausschlagungsfrist eines Erbes bei Auslandsaufenthalt
Verlängerte Ausschlagungsfrist eines Erbes bei einem Auslandsaufenthalt
Niemand ist gezwungen ein Erbe anzunehmen. Das Erbe kann angenommen werden, es kann aber auch ausgeschlagen werden. Damit nicht ein ewiger Schwebezustand eintritt, hat der Gesetzgeber in § 1944 Abs. 1 BGB eine sehr kurze Ausschlagungsfrist von sechs Wochen nach Kenntnis von Anfall und Grund der Berufung bestimmt. Bei Verfügungen von Todes wegen wird hierbei auf den Zugang der Eröffnungsniederschrift des Nachlassgerichts abgestellt. Wird nicht rechtzeitig ausgeschlagen, wird eine Annahme der Erbschaft fingiert.
Sechs Wochen klingen vielleicht erst einmal lange, in der Praxis stellt sich diese Frist jedoch oft als sehr kurz heraus. Innerhalb dieser Zeit muss der Erbe z.B. herausfinden, ob der Nachlass ggf. überschuldet ist, ob er bei einer Ausschlagung wenigstens den Pflichtteil geltend machen kann und ob die Geltendmachung des Pflichtteils wirtschaftlich günstiger ist. Nicht nur ist es schwierig sich in ein fremdes Buchhaltungssystem einzuarbeiten und die notwendigen Unterlagen zu finden. Oftmals ist der Erbe auch auf die Auskünfte von unwilligen Dritten angewiesen.
Da diese Schwierigkeiten umso gravierender ausfallen, wenn der Erblasser seinen Wohnsitz im Ausland hatte, oder der Erbe sich bei Beginn der Frist im Ausland befindet, verlängert sich die Frist nach § 1944 Abs. 3 BGB in diesen Fällen auf sechs Monate. In einer interessanten Entscheidung hat sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinandergesetzt, ob für die verlängerte Frist bereits ausreicht, dass der Erbe sich am Tag des Fristbeginns auf einem Tagesausflug in das Ausland befand (BGH, Beschluss v. 16.01.2019 – IV ZB 21/18).
Auf welche Person wird hinsichtlich der Frist abgestellt?
Grundsätzlich stellt § 1944 BGB auf die Person des Erben ab. Die Ausschlagungsfrist läuft für jeden Erben individuell und kann dementsprechend bei unterschiedlicher Ausgangslage auch an unterschiedlichen Tagen enden. Anders verhält es sich jedoch, wenn der Erbe rechtlich vertreten ist. Ein Standardfall – der auch der Entscheidung des BGH zugrunde lag – ist ein minderjähriger Erbe. Hier wird auf die Kenntnis und Aufenthalt des gesetzlichen Vertreters abgestellt. Zu beachten ist auch, dass bei einer gemeinsamen Sorgeberechtigung auf die Kenntnis und den Aufenthalt beider Elternteile abgestellt wird, da auch beide Elternteile nur gemeinsam ausschlagen können. Entscheidend ist dementsprechend der Elternteil, welcher die längere Frist auslöst.
Wann liegt ein fristverlängernder Auslandsaufenthalt vor?
Um diese Frage zu beantworten, muss man sich den Zweck der Fristverlängerung vor Augen führen. Es soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Tatsachen- und Entscheidungsfindung bei einem Auslandsaufenthalt deutlich erschwert ist. Verlangt wird, anders als beim Erblasser, jedoch gerade kein Wohnsitz im Ausland, sondern nur ein dortiger Aufenthalt. Hierfür reicht grundsätzlich der tatsächliche Aufenthalt bei einer gewissen Verweildauer aus.
Das Gericht hat nun entschieden, dass ein Tagesausflug ins benachbarte Ausland eine Verlängerung der Frist nicht rechtfertigt. Die typischen Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung, wie beispielsweise Kommunikationsprobleme, schlagen hier nicht ins Gewicht. Zudem bestünden Missbrauchsgefahren, da es grenznah lebenden Personen ein leichtes wäre, einen Ausflug so zu planen, dass hierdurch eine Fristverlängerung ausgelöst würde. Dennoch ist zu beachten, dass in dieser Entscheidung mit einem Tagesausflug nur ein Extremfall entschieden wurde. Um die Vorschrift nicht auszuhöhlen geht die Literatur davon aus, dass Reisen mit Übernachtungen etc. als fristverlängernd anerkannt werden.