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Übernahme/ Kauf einer Handelsvertretung

Die Übernahme einer Handelsvertretung ist auf unterschiedliche Art und Weise möglich. Neben dem Neuabschluss eines Handelsvertretervertrags mit dem Unternehmer ohne Beteiligung des Vorgänger-Handelsvertreters ist auch die Nachfolge in einen bestehenden Handelsvertretervertrag oder ein Eintritt in die Landesvertretung durch Kauf möglich. Auch die Abwälzung des an den ausscheidenden Handelsvertreter zu zahlenden Ausgleichs auf den neuen Handelsvertreter wird in der Praxis vereinbart.

Nicht selten suchen Handelsvertreter aus Altersgründen oder wegen Krankheit Nachfolger, die in eine bestehende Handelsvertretung eintreten.

Für die Übernahme einer Handelsvertretung bieten sich unterschiedliche Möglichkeiten mit abweichenden Anforderungen und Folgen an:

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Welche Möglichkeiten der Übernahme einer Handelsvertretung gibt es?

  1. Vereinbarung zwischen ausscheidenden Handelsvertreter (Vorgänger) und Nachfolger mit Zustimmung des Unternehmers;
  2. Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Erwerber mit Zustimmung des ausscheidenden Handelsvertreters;
  3. Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem (ausscheidenden) Handelsvertreter mit Zustimmung des Erwerbers;
  4. Vereinbarung zwischen Unternehmer, Handelsvertreter und dem Erwerber (dreiseitig).

In der Praxis werden dazu Nachfolgevereinbarungen, Abwälzungsvereinbarungen oder Einstandsvereinbarungen zwischen den Parteien abgeschlossen.

Was ist unter einer Nachfolgevereinbarung zu verstehen?

Mit der Nachfolgevereinbarung übernimmt ein Nachfolger die Handelsvertretung von seinem Vorgänger gegen Zahlung einer Vergütung und tritt in den bestehenden Handelsvertretervertrag unter Zustimmung des Unternehmers ein.

Die Nachfolge kann auch zwischen dem Unternehmer und dem ausscheidenden Handelsvertreter mit Zustimmung des Nachfolgers vereinbart werden. Mit einer solchen Vereinbarung verliert der Handelsvertreter seinen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Unternehmer. Zudem setzt die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung gemäß § 89b Abs. 3 Ziff. 3 HGB voraus, dass der Handelsvertretervertrag vor Abschluss einer solchen Vereinbarung beendet worden ist.

Was ist unter einer Abwälzungsvereinbarung zu verstehen?

Eine Abgeltungsvereinbarung wird zwischen Unternehmer und dem neu eintretenden Handelsvertreter ohne Beteiligung des Vorgänger-Handelsvertreters getroffen. Damit wird der eintretende Handelsvertreter verpflichtet, den vom Unternehmer an den Vorgänger-Handelsvertreter zu zahlenden Handelsvertreterausgleich auszugleichen. Die Zahlung an den Vorgänger wird praktisch auf den Eintretenden „abgewälzt“.

Mit der Abwälzungsvereinbarung tritt der neue Handelsvertreter nicht in die Rechte und Pflichten aus dem Handelsvertretervertrag mit dem Vorgänger ein. Der Anspruch auf Handelsvertreterausgleich wird vom neuen Handelsvertreter übernommen, bleibt gegenüber dem Unternehmer aber – anders bei der Nachfolgevereinbarung, bei der der Ausgleichsanspruch ausgeschlossen wird – bestehen.

Die Höhe des Abwälzungsbetrages entspricht in der Regel dem vom Unternehmer an den Vorgänger-Handelsvertreter zu zahlenden Handelsvertreterausgleich.

Hier bestehen folgende Gestaltungsmöglichkeiten:

  • Zahlung des Ausgleichs durch den Eintretenden an den Vorgänger-Handelsvertreter mit schuldbefreiender Wirkung zugunsten des Unternehmers;
  • Zahlung des Unternehmers an den Vorgänger-Handelsvertreter und Erstattung der Zahlung durch den Eintretenden;
  • ratierliche Zahlung des Abwälzungsbetrags durch Provisionseinbehalt gegenüber dem Eintretenden.

An die Wirksamkeit der Abwälzungsvereinbarung werden hohe Anforderungen gestellt. Die Regelung darf den Übernehmenden nicht unangemessen benachteiligen. Für den Abwälzungsbetrag muss ein angemessener Gegenwert geleistet werden. Die vorzeitige Kündigung des neuen Handelsvertretervertrags verhindert eine frühzeitige Amortisation und kann – zur Vermeidung der Unwirksamkeit der Abwälzungsvereinbarung – eine differenzierte Kündigungsregelung bzw. die Regelung von Mindestlaufzeiten sowie gegebenenfalls die Aufnahme einer Rückzahlungspflicht oder eines Erlasses/Teilerlasses erforderlich machen. Unter Umständen kann die Vereinbarung auch zur Unwirksamkeit des Handelsvertretervertrags durch Kündigungserschwernis führen. Insoweit bedarf es einer sehr sorgfältigen Vertragsgestaltung.

Was ist unter einer Einstandsvereinbarung zu verstehen?

Mit einer Einstandsvereinbarung verpflichtet sich der (neue) Handelsvertreter unabhängig von der Ausgleichsregelung mit dem Vorgänger zur Zahlung eines sogenannten Einstandes für die Übernahme eines vorhandenen Kundenstamms. Mit dieser Vereinbarung wird die Handelsvertretung gekauft (Vertretungskauf).

Die Höhe der Einstandszahlung bewegt sich in der Praxis häufig im Bereich einer durchschnittlichen Jahresprovision, die mit dem Kundenstamm erzielt werden kann.

Zur Vermeidung einer unangemessenen wirtschaftlichen Benachteiligung wird in der Praxis nicht selten ein angemessener Risikoabschlag vom Einstand vorgenommen, damit die Werthaltigkeit des übergebenen Kundenstamms nicht infrage steht und zur Unwirksamkeit führen kann.

Auch hier werden hohe Anforderungen an die Wirksamkeit der Einstandsvereinbarung gestellt. Insbesondere darf die Einstandsvereinbarung nicht dazu führen, dass der Anspruch auf Handelsvertreterausgleich eingeschränkt oder ausgeschlossen wird (§ 89b Abs. 4 HGB). Andernfalls ist die Einstandsvereinbarung unwirksam, so dass daraus keine Rechte hergeleitet werden können.

Wann kann die Vereinbarung der Übernahme einer Handelsvertretung sinnvoll sein?

Entweder möchte der Handelsvertreter seine Vertretung verkaufen, etwa aus Altersgründen oder weil er krankheitsbedingt seine Tätigkeit nicht mehr fortsetzen kann oder möchte. Auch kann der Unternehmer ein Interesse daran haben, einen neuen Handelsvertreter an die Stelle des bisherigen Handelsvertreters zu setzen und daher die Übernahme der Vertretung unterstützen.

Der ausscheidende Handelsvertreter möchte sich durch den Verkauf der Handelsvertretung finanziell absichern. Der Unternehmer hat Interesse daran, dass ein motivierter und qualifizierter Handelsvertreter die Vertretung übernimmt, den bestehenden Kundenkreis betreut und erweitert sowie die Umsätze des Unternehmens steigert. Die Übernahme des Gebietes und eingeführten Kundenstamms ist für den Erwerber vorteilhaft, weil er sich hierdurch den Aufbau des Gebietes und des Kundenstamms erspart und durch Geschäftsvermittlungen sofort ins Verdienen kommt.

Will der Handelsvertreter aus Altersgründen oder wegen Krankheit seine Tätigkeit einstellen, kann er unter den Voraussetzungen des § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB den Vertretervertrag kündigen, ohne dass er den Anspruch auf Handelsvertreterausgleich verliert. Ohne diese Gründe führt die Eigenkündigung des Handelsvertreters zum Verlust des Ausgleichsanspruchs.

Hat der Handelsvertreter aber die Möglichkeit, seinen Geschäftsbetrieb zu veräußern, kann er mit Zustimmung des Unternehmers statt eines Handelsvertreterausgleichs den Kaufpreis vom Erwerber erhalten.

Selbst wenn der Handelsvertreter aus Altersgründen oder wegen Krankheit ausscheiden kann, besteht in der Praxis nicht selten Streit über den Handelsvertreterausgleich und dessen Höhe mit dem Unternehmer, den sich der Handelsvertreter durch eine Übernahmevereinbarung ersparen kann. Die Übernahmevereinbarung kann unter Umständen schneller abgewickelt werden, als die Auseinandersetzung über den Handelsvertreterausgleich mit einem unter Umständen jahrelangen Rechtsstreit. Zwar mag die Berechnung des Ausgleichs Grundlage für den Kaufpreis sein. Eine genaue Berechnung, die zwischen Unternehmer und Handelsvertreter häufig streitig ist, ist nicht zwingende Voraussetzung für die Bemessung des Kaufpreises.

Kann der Handelsvertretervertrag ohne Zustimmung des Unternehmers übernommen werden?

Bei einer Vertragsübernahme tritt eine neue Person (oder Gesellschaft) bei gleichzeitigem Ausscheiden des Handelsvertreters (oder der Vertretergesellschaft) in den bereits bestehenden Handelsvertretervertrag mit allen Rechten und Pflichten ein. Der Eintretende übernimmt damit die Rechtsstellung des Handelsvertreters.

Die vertragliche Übernahme des Handelsvertretervertrags im Rahmen eines Verkaufs ohne die Zustimmung des Unternehmers oder einen dreiseitigen Übernahmevertrag ist nicht möglich. Der Unternehmer muss hier eingebunden werden und dem Verkauf zustimmen oder selbst Vertragspartei werden, damit der Erwerber die Handelsvertretung für den Unternehmer weiterführen kann.

Handelt es sich aber bei dem Handelsvertreter um eine GmbH-Vertretergesellschaft, kann die Gesellschafterstruktur durch den Verkauf und die Abtretung von Gesellschaftsanteilen verändert werden. Gesellschafter können aus der Gesellschaft eintreten und austreten, ohne dass sich die rechtliche Identität der Vertretergesellschaft ändert. Damit bleibt die Identität der Vertretergesellschaft gewahrt, so dass hierfür grundsätzlich keine Zustimmung des Unternehmers erforderlich ist. Allerdings enthalten manche Vertreterverträge eine sogenannte „Change-of-Control-Klausel“, die dem Unternehmer bei Übertragung von Geschäftsanteilen ab der Überschreitung eines bestimmten Schwellenwerts ein Zustimmungsrecht einräumen.

Welche Rechtsfolge ergibt sich bei Abschluss einer Nachfolgevereinbarung?

Der Handelsvertreter verliert seinen Anspruch auf Handelsvertreterausgleich, wenn er sich mit dem Unternehmer dahingehend einigt, dass ein Nachfolger für den Handelsvertreter in das Handelsvertretervertragsverhältnis eintritt (§ 89b Abs. 3 Nr. 3 HGB).

Welche Risiken können im Zusammenhang mit einer Nachfolgevereinbarung entstehen?

Nach § 89 b Abs. 3 Satz 3 HGB ist Voraussetzung einer solchen Übernahme, dass diese nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Unternehmer getroffen wird. Nach Vertragsende lässt sich die Übernahme rein faktisch kaum umsetzen, weil der zu übertragende Vertrag beendet ist und der Handelsvertreter diesen Vertrag dem Erwerber dann nicht mehr ohne weiteres überleiten kann.

Nach dieser gesetzlichen Vorgabe ist der Fall möglich, dass der Unternehmer an den ausscheidenden Handelsvertreter keinen Ausgleich zahlen muss. Andererseits kann der Unternehmer mit dem neuen Handelsvertreter eine Einstandszahlung vereinbaren, auf die der ausscheidende Handelsvertreter keinen Anspruch hat.

Wie kann das Risiko einer Nachfolgevereinbarung für den ausscheidenden Handelsvertreter gelöst werden?

Soll eine Nachfolgevereinbarung getroffen werden, die den gesetzlichen Anforderungen standhält, kann sich der Abschluss einer – unverbindlichen – Vereinbarung im Voraus unter Widerruf oder unter einer Bedingung empfehlen, um die Unwirksamkeit der Regelung vor Beendigung des Handelsvertretervertrags zu vermeiden.

Was wir für Sie im Bereich Vertretungsart tun können:

Wir sind auf die Beratung und Unterstützung von Handelsvertretern und Unternehmern spezialisiert. Hier können wir Sie insbesondere in folgenden Bereichen unterstützen:

  • Prüfung, Gestaltung und Verhandlung von Nachfolgevereinbarungen, Abwälzungsvereinbarungen und Einstandsvereinbarungen (Vertretungsverkauf)
  • Prüfung und Berechnung Handelsvertreterausgleich, Ermittlung Kaufpreis
  • Beratung und Vertretung von Handelsvertretern und Unternehmen bei rechtlichen Auseinandersetzungen

Ihr Ansprechpartner in München zu diesem Thema ist:

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