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Rückzahlungspflicht Garantieprovision Handelsvertreter

Klausel zu Rückzahlungspflicht von Garantieprovision – unzulässige Beschränkung Kündigungsrecht

Eine unzulässige Beschränkung der Kündigungsfreiheit zulasten des Handelsvertreters liegt nach § 89a Abs. 1 Satz 2 HGB dann vor, wenn an die Kündigung des Handelsvertreters wesentliche, die Vertragsbeendigung erschwerende finanzielle Nachteile geknüpft werden. Nach dem Urteil des OLG München vom 9.3.2017 (Az.: 23 U 2601/16) kann dies bei Vertragsklauseln im Handelsvertretervertrag der Fall sein, wenn dort die Rückzahlung langfristiger, erheblicher Provisionsvorschusszahlungen bei einer Kündigung durch den Handelsvertreter vorgesehen wird.

Der Fall

Die Klägerin hat von dem Versicherungsvertreter (Beklagter) Rückzahlung von Provisionsvorschüssen verlangt.

Der Vertretervertrag regelte u. a. folgendes:
„Wir garantieren Ihnen ab …. eine monatliche Mindestprovision in Höhe von 2.500,00 Euro…. Diese Zusage ist bis zum …befristet… Die Zusage kann jedoch verlängert werden.
-Die Provisionsgarantie erfolgt unter Anrechnung der Netto-Provisionsgutschriften für vermittelte Kranken-, Lebens- und Unfallversicherungen.
-Übersteigen die Provisionsgutschriften die garantiere Provisionsauszahlung, werden die überschießenden Beträge auf einem Garantiekonto angesammelt. Ein sich ergebender Unterverdienst wird vorgetragen…
-Das Garantiekonto wird erst nach Ablauf der Garantiezeit abgerechnet. Ein angesammelter Überverdienst wird ausbezahlt, ein verbleibender Unterverdienst ist vom Vertreter auszugleichen.
-Endet das Vertragsverhältnis wider Erwarten vor Ablauf der vereinbarten Garantiezeit, endet auch die Garantiezusage entsprechend.“

Die Provisionsgarantie wurde von den Parteien verlängert. Schließlich hat die Klägerin den Vertrag mit dem Beklagten gekündigt und mit der Klage Rückzahlung des Negativsaldos verlangt.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Der Beklagte hat u. a. behauptet, die vertraglichen Regelungen zur Rückzahlbarkeit der Vorschüsse seien geeignet, ihn von einer Kündigung abzuhalten und seien daher unwirksam.

Das Landgericht hat den eingeklagten Rückzahlungsanspruch und das OLG München hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Nichtigkeit Klausel über Rückzahlungsverpflichtung von Garantieprovisionen

Der Klägerin steht kein Rückzahlungsanspruch aus dem Vertretervertrag zu, weil die vertragliche Rückzahlungsverpflichtung in Höhe des Unterverdiensts ist nach § 134 BGB, § 89 a Abs. 1 Satz 2, § 92 Abs. 2 HGB nichtig ist.

Unzulässigkeit der Einschränkung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung

Nach § 89 a Abs. 1 Satz 2 HGB darf das Recht zur außerordentlichen Kündigung weder ausgeschlossen noch beschränkt werden. Eine solche Beschränkung der Kündigungsfreiheit zulasten des Handelsvertreters kann darin liegen, dass an die Kündigung des Handelsvertreters wesentliche, die Vertragsbeendigung erschwerende finanzielle Nachteile geknüpft werden. Vertragsklauseln, die die Rückzahlung von Provisionsvorschusszahlungen bei einer Kündigung durch den Handelsvertreter vorsehen, können eine solche unzulässige Beschränkung des Kündigungsrechts darstellen.

Voraussetzungen für die unzulässige Beschränkung des Kündigungsrechts

Wann solche Nachteile vorliegen, hängt

–    vom jeweiligen Einzelfall
–    von der Höhe der nach der Klausel zurückverlangten Zahlungen und
–    dem Zeitraum, für den die Zahlungen zurückzuerstatten sind,

ab. Im zu entscheidenden Fall hat das Gericht die Rückzahlungspflicht der „Garantieprovision“ als unzulässige Beschränkung des außerordentlichen Kündigungsrechts des Beklagten gewertet und die Rückzahlungsklausel als nichtig eingestuft.

Die Begründung hierfür:

  • Aufgrund der Regelung, dass eine Rückzahlung der Provisionsvorschüsse bei Unterverdienst zum Ablauf der Garantiezeit erfolgt und die Garantiezeit endet, wenn das Vertragsverhältnis vor Ablauf der Garantiezeit endet, kann eine außerordentliche Kündigung des Versicherungsvertreters während des Laufs der Garantiezeit dazu führen, dass er einen etwaigen Unterverdienst auszugleichen hat.
  • Diese mittelbare finanzielle Folge ist hinreichend schwerwiegend, den Versicherungsvertreter von der Ausübung seines Kündigungsrechts abzuhalten und daher als unzulässige Beschränkung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung zu werten:
  • Zu berücksichtigen war, dass der Provisionsvorschuss bereits einen beträchtlichen Betrag von 22.500,00 Euro erreicht hat.
  • Zu berücksichtigen war ferner, dass auch die Klägerin bei Vertragsbeginn die Aufgaben des Beklagten als schwierig wertete und zweifelhaft erschien, ob der Beklagte gerade in der Anfangsphase Provisionen in Höhe der Vorschüsse würde verdienen können.
  • Erschwerend kam hinzu, dass dem Vertreter nach der Vereinbarung zusätzlich für die ersten 24 Monate eine „Einarbeitungspauschale“ von 1.500,00 Euro monatlich gezahlt werden sollte und nach dem Vertretervertrag für hauptberufliche Ausschließlichkeitsvertreter der SDK-Unternehmen sich die Klägerin das Recht vorbehalten hat, bei Kündigung durch den Vertreter innerhalb der vereinbarten Zahlungsdauer zuzüglich 6 Monaten, also bei Kündigung innerhalb von 30 Monaten ab Vertragsbeginn, die Einarbeitungspauschale nach billigem Ermessen auch unter Würdigung der Belange des Vertreters ganz oder teilweise zurückzufordern. Diese Rückforderungsmöglichkeit war für den Fall einer Kündigung des Vertreters aus wichtigem Grund nicht ausgeschlossen. Diese weitere mögliche Rückzahlungspflicht bei Kündigung führt zu einer weiteren Belastung des Handelsvertreters bei Kündigung.

Im Ergebnis führt die Kombination aus den beiden Rückzahlungspflichten für Provisionsvorschüsse und für die Einarbeitungspauschale zu einem schwerwiegenden finanziellen Nachteil des Vertreters und könnte ihn aus diesem Grund von der Ausübung eines außerordentlichen Kündigungsrechts abhalten. In dieser Klauselkonstellation liegt daher eine unzulässige Kündigungsbeschränkung, die die Vereinbarung der Rückzahlungspflicht nichtig macht. Eine Rückzahlung kann daher nicht verlangt werden.

Unzulässigkeit der Einschränkung des Rechts zur ordentlichen Kündigung

Die Rückzahlungspflicht ist aber auch gemäß § 134 BGB, § 89 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2, § 92 Absatz 2 HGB unwirksam, weil die erheblichen finanziellen Nachteile durch die vertraglichen Rückzahlungspflichten den Versicherungsvertreter auch von einer ordentlichen Kündigung während der Garantiezeit abhalten können. Dies führt faktisch zu einer einseitigen Verlängerung der Kündigungsfristen zu Lasten des Versicherungsvertreters, die wiederum unzulässig ist.

Tipp vom Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht

In Vertreterverträgen finden sich immer wieder Klauseln, die finanzielle Nachteile für den Handelsvertreter/ Versicherungsvertreter begründen, wenn er selbst ordentlich oder außerordentlich kündigen will. Solche Nachteile können zur Unwirksamkeit der Regelung gemäß § 134 BGB führen. Folge ist, dass die vereinbarten Rückzahlungen vom Vertreter nicht verlangt werden können

Muss der Handelsvertreter für die ordentliche Kündigung des Vertrags z. B. eine mehrjährige Kündigungsfrist einhalten oder sind sonst unmittelbar oder auch nur mittelbar ungleiche Kündigungsfristen vereinbart, dann kann darin ein unwirksames Kündigungserschwernis liegen. Das ist jedoch stets nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen.

Die Rechtsprechung des OLG München steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH, der zur Unwirksamkeit von Vertragsklauseln entschieden hat, wonach u. a. die Zahlung eines zweckgebundenen Bürokostenzuschusses an den Handelsvertreter davon abhängig gemacht wird, dass das Vertragsverhältnis im Zeitpunkt der Zahlung ungekündigt besteht.

Handelsvertreter/ Versicherungsvertreter sollten daher im Vorfeld einer Kündigung die Klauseln über Rückzahlungspflichten und darin etwa liegende Kündigungserschwernisse rechtlich prüfen lassen.

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