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Geschäftsführer – Amtsniederlegung in der Krise – rechtsmißbräuchlich

Zur Amtsniederlegung des Alleingeschäftsführers einer GmbH

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 11.11.2014 (Az: 20 W 317/11) entschieden, dass die Amtsniederlegung des alleinigen Geschäftsführers und Alleingesellschafters einer GmbH in der wirtschaftlichen Krise sowie während eines laufenden Insolvenzverfahrens rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam ist, wenn die Gesellschaft hierdurch führungslos wird.

Sachverhalt

Der betroffene Geschäftsführer war Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer einer GmbH. Etwa 4 Monate nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Gesellschaftsvermögen hat der Geschäftsführer die Niederlegung seines Geschäftsführersamts zum Handelsregister angemeldet. Das Handelsregister hat daraufhin die Anmeldung damit zurückgewiesen, dass die Amtsniederlegung rechtsmissbräuchlich sei, weil nicht gleichzeitig ein neuer Geschäftsführer bestellt worden ist.

Hiergegen hat der Geschäftsführer Beschwerde beim Oberlandesgericht eingelegt, die jedoch in der Sache erfolglos blieb.

Amtsniederlegung ohne Verbleib eines anderen Geschäftsführers rechtsmissbräuchlich

Die Zurückweisung der Beschwerde hat das Oberlandesgericht damit begründet, dass an die Amtsniederlegung des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers aufgrund der Personenidentität von Geschäftsführungs- und Willensorgan erhöhte Anforderungen zu stellen seien.

Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens hat nach der Begründung des Gerichts weder einen organschaftlichen Einfluss auf die Position des Geschäftsführers einer GmbH. Noch entfalle hierdurch das Bedürfnis der Gesellschaft nach einem handlungsfähigen und vertretungsberechtigten Organ für die Gesellschaft. Aus diesen Gründen sei eine Amtsniederlegung ohne den Verbleib eines anderen Geschäftsführers in der Gesellschaft oder die Bestellung eines Notgeschäftsführers oder Verfahrenspflegers rechtsmissbräuchlich und daher unwirksam.

Tipp vom Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht

Nach der Entscheidungspraxis des Bundesgerichtshofs kann ein Geschäftsführer sein Amt grundsätzlich jederzeit und unabhängig vom Vorliegen eines wichtigen Grundes niederlegen.

Dieser Grundsatz wird für den Fall der Rechtsmissbräuchlichkeit einer Amtsniederlegung eingeschränkt, wie durch das Oberlandesgericht Frankfurt entschieden. Danach wird von der Rechtsmissbräuchlichkeit einer Amtsniederlegung ausgegangen, wenn die Gesellschaft handlungsunfähig bzw. führungslos wird. Dies ist zunächst nach der Entscheidung der Fall, wenn nur ein Geschäftsführer bestellt worden ist und dieser auch Gesellschafter der GmbH ist sowie kein Notgeschäftsführer an die Stelle des Geschäftsführers auf Rücktritt. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ist vom Oberlandesgericht zugelassen worden. Es bleibt abzuwarten, ob der BGH entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung die Entscheidung des Oberlandesgerichts bestätigt.

Geschäftsführer, die ohne wichtigen Grund ihr an niederlegen und gegebenenfalls auch den Anstellungsvertrag kündigen, haften für eine durch rechtsmissbräuchliche Amtsniederlegung resultierende Verletzung ihrer Pflichten aus dem Geschäftsführer-Dienstvertrag sowie ihrer organschaftlichen Pflichten, die die Gesellschaft zum Schadensersatz berechtigen können.

Gesellschafter-Geschäftsführer, die nicht alleinige Gesellschafter sind, oder Fremdgeschäftsführer werden voraussichtlich dem Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beurteilung der Amtsniederlegung nicht gleichgestellt sein. Vielmehr dürfte nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sowie auch der Instanzgerichte eine Amtsniederlegung dieser Geschäftsführer in der Krise der Gesellschaft nach wie vor zulässig sein.

Bei wirksamer Amtsniederlegung und Führerlosigkeit der Gesellschaft treten die Gesellschafter in die Pflichtenstellung für die Gesellschaft ein. D.h., Rechtshandlungen können gegenüber Gesellschaftern bewirkt werden. Die Insolvenzantragspflicht geht auf die Gesellschafter über.

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