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Handelsvertreter, Wettbewerbsverbot, fristlose Kündigung

Fristlose Kündigung Handelsvertreter wegen Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot

Hält sich ein Handelsvertreter nicht an ein vertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot, wonach die Tätigkeit für Konkurrenzunternehmen die ausdrückliche vorherige Zustimmung des Unternehmers erfordert, so ist dieser gemäß § 89a Abs. 1 HGB zur außerordentlichen fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung berechtigt. Dies hat das Das OLG München mit seiner Entscheidung vom 08.11.2015 (Az. 7 U 4851/14) festgestellt und damit die höchstrichterliche Rechtsprechung bestätigt.

Der Fall

Der Kläger war als Handelsvertreter bzw. Versicherungsvertreter zuletzt mit Leitung eines Vertriebsbezirks von der Beklagten beauftragt worden. Der Vertrag enthielt eine Klausel, wonach der Kläger ohne schriftliche Zustimmung des Unternehmens nicht berechtigt war, während der Dauer des Vertragsverhältnisses in den relevanten Versicherungszweigen für ein Konkurrenzunternehmen tätig zu werden. Ferner ist im Vertrag aufgeführt, dass der Verstoß gegen dieses Wettbewerbsverbot zur sofortigen Kündigung berechtigt. Der Kläger erhielt eine Abmahnung wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot sowie den Hinweis auf die fristlose Kündigung, soweit weitere Verstöße bekannt werden. Etwa 3 Monate später kündigten die Beklagten das Vertragsverhältnis dann fristlos unter Hinweis auf weitere Wettbewerbsverstöße. Diese streitigen Geschäftsvorgänge lagen sämtlich zeitlich vor der erteilten Abmahnung. Der Kläger hat im Wege der Stufenklage die Erteilung von Buchauszügen, Restprovision und Handelsvertreterausgleich sowie die Erstattung von Anwaltskosten begehrt. Das Landgericht hat der Klage auf Erteilung von Buchauszügen bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist stattgegeben. Hiergegen haben die Beklagten Berufung eingelegt.

Das Urteil

Das OLG München hielt die fristlose Kündigung der Beklagten für wirksam und sprach dem Kläger den Anspruch auf Erteilung von Buchauszügen nur bis zum Wirksamwerden der außerordentlichen Kündigung zu.

Keine Zustimmung zur Konkurrenztätigkeit durch Schweigen

Das vertragliche Wettbewerbsverbot war nach Auffassung des Gerichts wirksam vereinbart worden. Demnach hätte der Handelsvertreter vor Aufnahme seiner Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen die schriftliche Zustimmung der Beklagten einholen müssen. Das ist nicht erfolgt.

Die erforderliche Zustimmung konnte nicht durch das Schweigen der Beklagten ersetzt werden. Zwar hat sich der Handelsvertreter darauf berufen, dem Unternehmer schriftlich mitgeteilt zu haben, dass er es beabsichtige, für ein Konkurrenzunternehmen tätig zu werden und er insoweit von dessen Einverständnis ausgehe. Dieses Schreiben blieb jedoch unbeantwortet. Nach der Entscheidung des Gerichts genügt ein solcher Hinweis auf die unterstellte Zustimmung des Unternehmers nicht, um dessen ausdrücklich vorgesehene schriftliche Zustimmung zu ersetzen.

Entbehrlichkeit der Abmahnung vor Kündigung

Das Gericht hielt auch eine Abmahnung des Klägers für entbehrlich, da in dessen Aufnahme der Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen ohne die Zustimmung des Unternehmers ein derart schwerwiegender Vertragsverstoß des Handelsvertreters und ein so gewichtiger Vertrauensbruch vorlag, dass auch eine erfolgreiche Abmahnung durch Besserung des Klägers die Vertrauensbasis nicht wieder hätte herstellen können.

Tipp vom Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht

Die Entscheidung des OLG München verdeutlicht, dass Handelsvertreter den Unternehmerinteressen stark verpflichtet sind.

Konkurrenztätigkeiten von Handelsvertretern, für die keine Zustimmung vom Unternehmer erteilt worden sind, verstoßen gegen die Verpflichtung des Handelsvertreters als Interessenwahrer des Unternehmens nach § 86 Abs. 1 S. 2 HGB. Enthält der Vertretervertrag dann noch das Erfordernis der schriftlichen Zustimmung des Unternehmers für die erlaubte Konkurrenztätigkeit verlangt wird, kann der Handelsvertreter nach der Rechtsprechung nicht darauf hoffen, dass ein Schweigen des Unternehmers auf die Mitteilung der beabsichtigten Konkurrenztätigkeit genügt. Der Unternehmer ist nicht verpflichtet, sich zu der Anfrage des Handelsvertreters zu erklären.

Von Bedeutung ist auch, dass eine sonst regelmäßig erforderliche Abmahnung wie im vorliegenden Fall dann entbehrlich ist, wenn der Verstoß gravierend und daher die Vertrauensgrundlage irreparabel zerstört ist. In solchen Fällen ist die Erteilung einer Abmahnung, mit der die Abstellung des Verstoßes und die Besserung für die Zukunft verlangt wird, offensichtlich zwecklos und aus diesem Grunde auch keine Voraussetzung für die Wirksamkeit einer – ohne vorausgehende Abmahnung – erklärten außerordentlichen Kündigung. Bei solchen Fällen kommt es dann auch nicht darauf an, ob der Handelsvertreter bereit gewesen wäre, die Geschäftsbeziehung zum Konkurrenzunternehmen zu lösen.

Diese Beurteilung der Konkurrenztätigkeit ohne Zustimmung sowie der Entbehrlichkeit der Abmahnung ist für den Handelsvertreter von äußerster Wichtigkeit, weil bei der fristlosen Kündigung die ordentliche Kündigungsfrist nicht mehr einzuhalten ist und ihm dadurch Provision bzw. Verdienstausfall ebenso wenig zusteht, wie ein Handelsvertreterausgleich gem. § 89 b HGB.

Selbst wenn eine Abmahnung bei Konkurrenztätigkeit ohne Zustimmung für eine wirksame außerordentliche Kündigung regelmäßig erforderlich ist und daher auch vom Unternehmer in der Praxis ausgesprochen wird, kann durch das besondere Verhalten des Handelsvertreters im Zusammenhang mit einer solchen Konkurrenztätigkeit und dem Umgang gegenüber dem Unternehmer eine Abmahnung entbehrlich machen. Dann kann das Vertragsverhältnis ohne weiteres gleich mit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung beendet werden. Nachdem durch eine solche außerordentliche Kündigung der Handelsvertreterausgleich wegfällt, ist hier höchste Vorsicht geboten.

Wir empfehlen daher (1) die Zustimmungspflicht für Konkurrenztätigkeiten in dem Handelsvertretervertrag besonders sorgfältig zu regeln, (2) die Einholung einer solch erforderlichen Zustimmung schriftlich vorzunehmen und (Ziffer 3) vor einer solchen Zustimmung keine Konkurrenztätigkeit zu beginnen.

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