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Erbschein & Erbscheins­verfahren

Häufig muss ein Erbe seine Erbenstellung nachweisen. Vor allem Behörden und Register, wie beispielsweise das Handelsregister und das Grundbuchamt, aber auch private Institute, wie beispielsweise Banken, verlangen einen zuverlässigen Nachweis der Erbfolge durch eine öffentliche Urkunde. Dies ist in Deutschland grundsätzlich der Erbschein. Mit diesem kann der Erbe sich als solcher legitimieren, wenn er beispielsweise eine Immobilie oder ein Nachlasskonto auf sich umzuschreiben lassen möchte. Dieser Prozess wird als Erbscheinsverfahren bezeichnet.

Autoren dieser Seite:

Ludger Bornewasser, Fachanwalt für Erbrecht, München


Ludger Bornewasser

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht

Benno von Braunbehrens Fachanwalt für Erbrecht, München


Benno von Braunbehrens

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Erbschein bestätigt die Erbenstellung und wird beim Nachlassgericht beantragt.
  • Für den Erbscheinantrag sind der Nachweis des Todes und die Erbberechtigung erforderlich.
  • Das Erbscheinsverfahren umfasst Antragstellung, Unterlagenprüfung, Erbenermittlung und Erbscheinausstellung.
  • Die Kosten des Verfahrens richten sich nach dem Nachlasswert und beinhalten Gerichts- und Anwaltskosten.

Was ist ein Erbschein und welche Bedeutung hat er im Erbfall?

Der Erbschein ist ein amtliches Zeugnis, welches das Nachlassgericht auf Antrag über die Erbschaft und etwaige Beschränkungen des Erben ausstellt. Der Erbe kann durch den Erbschein den Nachweis führen, dass er Erbe ist. Dieser Prozess wird als Erteilung eines Erbscheins bezeichnet. Neben der Legitimationswirkung für den Erben schützt der Erbschein auch den Rechtsverkehr. Gemäß § 2365 BGB wird vermutet, dass den Personen, die im Erbschein als Erbe bezeichnet sind, wirklich das Erbrecht zusteht und, dass andere als dort angegebene Beschränkungen nicht bestehen. Dritte Personen dürfen somit darauf vertrauen, dass der Inhalt des Erbscheins richtig ist.

Welchen Inhalt hat ein Erbschein?

Im Erbschein werden nicht die Nachlassgegenstände aufgeführt. Inhaltlich sagt der Erbschein nur, wer zu welcher Quote Erbe geworden ist und welchen Beschränkungen der Erbe unterliegt, etwa aus einer Vor- und Nacherbschaft oder aus einer Testamentsvollstreckung.

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Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für einen Erbscheinantrag erfüllt sein und wo kann dieser beantragt werden?

Ein Erbschein wird nur auf Antrag eines Erben oder anderer Antragsberechtigter Personen erteilt. Antragsberechtigt ist der gesetzliche oder testamentarische Erbe, gleich ob er Allein-, Mit- oder auch nur der Vorerbe ist (§ 2353 BGB). Der Nacherbe ist erst nach Beginn der Nacherbschaft antragsberechtigt.

Zuständig für die Erteilung des Erbscheins ist das Nachlassgericht (§ 2353 BGB) beziehungsweise in Baden Württemberg das Notariat. Örtlich zuständig ist regelmäßig das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte (§ 343 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit).

Im Rahmen des Erbscheinsverfahrens gilt der sogenannte Amtsermittlungsgrundsatz. Dies bedeutet, dass das Nachlassgericht von Amts wegen die erforderlichen Ermittlungen anzustellen und die geeignet erscheinenden Beweise zu erheben hat (§ 2358 BGB in Verbindung mit §§ 26, 29 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Das Nachlassgericht darf den Erbschein nur erteilen, wenn es von der Richtigkeit der im Erbscheinsantrag angegebenen Tatsachen überzeugt ist. Die Entscheidung des Nachlassgerichtes ergeht durch Beschluss.

Welchen Inhalt hat ein Erbscheinantrag?

Welche Angaben neben der Angabe und dem Nachweis des Todes erforderlich sind, hängt davon ab, ob der Erbe sich auf ein gesetzliches Erbrecht beruft oder ob er sein Erbrecht aus einer Verfügung von Todes wegen herleitet.

  • Im Falle eines gesetzlichen Erbrechts ist darzulegen, in welchem Ehe- oder Verwandtschaftsverhältnis der Erbe zum Erblasser steht (§ 2354 BGB). Zudem ist anzugeben, ob Verfügungen von Todes oder Personen vorhanden sind oder waren, die das Erbrecht des Erben ausschließen oder mindern können. Anzugeben ist weiter, ob ein Rechtsstreit über das Erbrecht vor einem Gericht anhängig ist.
  • Im Falle eines Erbrechts aufgrund einer Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag), muss zusätzlich angegeben werden, auf welchem Testament oder auf welchem Erbvertrag die Erbfolge beruht (§ 2355 BGB). Zudem sind diejenigen Verwandten zu benennen, die als gesetzliche Erben von der Erbfolge durch das Testament oder den Erbvertrag ausgeschlossen sind oder bereits vorverstorben sind.

Der Antragsteller hat die vorangehend dargelegten Angaben durch öffentliche Urkunden nachzuweisen (§ 2356 BGB). Dies sind insbesondere:

  • Sterbeurkunde des Erblassers,
  • sämtliche Geburts- und Abstammungsurkunden, welche die Verwandtschaft des Erben mit dem Erblasser nachweisen,
  • Heiratsurkunde bei Ehegatten,
  • die Sterbeurkunden von Personen, die als (Mit-)Erben in Betracht gekommen wären, wenn sie den Erbfall erlebt hätten,
  • für den Fall, dass der Erblasser rechtskräftig geschieden wurde, das Scheidungsurteil oder den Scheidungsantrag, wenn der Erblasser vor seinem Tod bei Gericht die Scheidung eingereicht hatte,
  • das Testament oder den Erbvertrag, auf dem die Erbfolge beruht.

Zudem hat der Antragsteller vor einem Notar oder vor dem Nachlassgericht an Eides statt zu versichern, dass ihm nichts bekannt ist, was der Richtigkeit seiner Angabe entgegensteht (§ 2356 Absatz 2 BGB).

Welche Kosten sind mit der Beantragung und Ausstellung eines Erbscheins verbunden?

In der Regel entsteht eine Gebühr für die Protokollierung der eidesstattlichen Versicherung und eine weitere Gebühr für die Erteilung des Erbscheins selbst. Für die Höhe der Gebühren ist der Wert des bereinigten Nachlassvermögens (Nachlassaktiva abzüglich Nachlasspassiva) maßgeblich. Ist der Nachlasswert zunächst noch nicht bekannt, kann eine entsprechende Erklärung später nachgereicht werden.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Kosten für das Erbscheinsverfahren aus dem Nachlass bestritten werden und somit von den Erben in der Regel nicht selbst getragen werden müssen. Bei geringwertigen Nachlässen oder wenn der Nachlass überschuldet ist, sollte jedoch geprüft werden, ob die Beantragung eines Erbscheins überhaupt sinnvoll ist.

Tipp vom Fachanwalt für Erbrecht

Eine eidesstattliche Versicherung vor einem Notar kostet etwas mehr als die vor dem Nachlassgericht. Zwar sind die Gebühren grundsätzlich identisch. Der Notar muss auf seine Rechnung jedoch Umsatzsteuer erheben. Diese entfällt beim Nachlassgericht. Oft ist es gleichwohl sinnvoll, die etwas höheren Gebühren des Notars in Kauf zu nehmen, da bei einem Notar meist schneller und leichter ein Termin zu vereinbaren ist. Die Wahrnehmung eines Notar-Termins ist zudem oft „bequemer“ als ein Gerichtstermin, der oft mit einer längeren Anreise und Wartezeiten bei Gericht verbunden ist.

Wie lange dauert es in der Regel, bis ein Erbschein ausgestellt wird?

Die Dauer bis zur Ausstellung eines Erbscheins kann stark variieren und hängt von verschiedenen Faktoren ab. In der Regel sollte man jedoch mit einer Bearbeitungszeit von etwa vier bis sechs Wochen rechnen.

Einflussfaktoren auf die Dauer sind unter anderem:

  1. Komplexität des Erbfalls: Bei komplexen Erbfällen, beispielsweise wenn es mehrere Erben gibt, ein Testament vorliegt oder die Erbfolge unklar ist, kann die Bearbeitung länger dauern.
  2. Auslastung des Nachlassgerichts: Je nach Auslastung des zuständigen Nachlassgerichts kann die Bearbeitungszeit variieren.
  3. Vollständigkeit der Unterlagen: Sind alle notwendigen Unterlagen vollständig und korrekt eingereicht worden, kann das Verfahren beschleunigt werden.
  4. Erforderliche Nachforschungen: Muss das Gericht weitere Nachforschungen anstellen, beispielsweise zur Klärung der Erbfolge, kann dies den Prozess ebenfalls verzögern.

Was ist der Unterschied zwischen einem Europäischen Nachlasszeugnis und einem nationalen Erbschein?

Ein Europäisches Nachlasszeugnis und ein nationaler Erbschein haben beide die Funktion, die Erbenstellung und damit verbundene Rechte und Pflichten zu bestätigen. Sie unterscheiden sich jedoch in ihrem Anwendungsbereich und ihrer Anerkennung.

Nationaler Erbschein: Ein nationaler Erbschein wird in Deutschland vom zuständigen Nachlassgericht ausgestellt und bestätigt die Erbenstellung sowie den Umfang der Erbberechtigung. Er wird in der Regel in Deutschland anerkannt und dient als Legitimation gegenüber Dritten, wie Banken oder Grundbuchämtern.

Europäisches Nachlasszeugnis: Das Europäische Nachlasszeugnis ist ein Instrument, das durch die EU-Erbrechtsverordnung eingeführt wurde. Es dient dazu, die Rechtsstellung und die Rechte einer Person, die in einem Erbfall in einem anderen EU-Mitgliedstaat auftritt, zu bestätigen. Es ist in allen EU-Mitgliedstaaten (mit Ausnahme von Dänemark und Irland) anerkannt und kann dort zur Geltendmachung oder Ausübung der Erbenrechte genutzt werden. Es ist besonders relevant, wenn der Erblasser Vermögen in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten hatte.

Es ist wichtig zu beachten, dass das Europäische Nachlasszeugnis nicht automatisch ausgestellt wird, sondern auf Antrag von den Personen, die in dem Zeugnis genannt werden sollen. Es ist auch nicht dazu gedacht, den nationalen Erbschein zu ersetzen, sondern stellt eine Ergänzung dar, um die Abwicklung von grenzüberschreitenden Erbfällen zu erleichtern.

Wie kann ein Erbschein eingezogen oder für kraftlos erklärt werden?

Der Erbschein ist ein jederzeit widerlegbares Zeugnis über das Erbrecht der darin ausgewiesenen Personen. Stellt sich nachträglich heraus, dass die im Erbschein bezeichnete Person tatsächlich nicht Erbe geworden ist, oder dass der Erbschein beispielsweise im Hinblick auf dort einzutragende Verfügungsbeschränkungen unvollständig ist, wird der Erbschein durch das Nachlassgericht eingezogen (§ 2361 Satz 1 BGB).

Kann das Nachlassgericht den Erbschein nicht sofort einziehen (beispielsweise weil ihn der Inhaber nicht herausgibt), kann das Nachlassgericht den Erbschein durch Beschluss für kraftlos erklären § 353 Absatz 1 FamFG. Mit der Veröffentlichung des Beschlusses entfällt die Vermutung der Richtigkeit des Erbscheins. Aus diesem Grunde sind nach einer Kraftloserklärung des Erbscheins kein gutgläubiger Erwerb vom vermeintlichen Erben und keine gutgläubige Leistung an diesen mehr möglich. Der Erbschein erwächst anders als ein Urteil aufgrund der jederzeitigen Möglichkeit der Einziehung und Kraftloserklärung nicht in Rechtskraft. Er ist damit rechtlich nicht endgültig bestandssicher.

Tipp vom Fachanwalt für Erbrecht

Aufgrund der mangelnden Rechtskraft eines Erbscheins kann es in rechtlich schwierig gelagerten oder besonders heftig umstrittenen Fällen sinnvoll sein, beim Zivilgericht eine sogenannte Erbenfeststellungsklage zu erheben. Diese ist bei einem Gegenstandswert von mehr als 5.000 € beim Landgericht einzureichen. Anders als im nachlassgerichtlichen Erbscheinverfahren ergehen in einem streitigen Gerichtsverfahren aufgrund einer Erbenfeststellungsklage rechtskräftige und damit später von den Parteien des Rechtsstreits nicht mehr angreifbare Entscheidungen.

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