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Die Verwaltung des Nachlasses durch Miterben

Miterben haben den Nachlass bis zu dessen Teilung zu verwalten. Unter Verwaltung des Nachlasses sind alle Handlungen und Unterlassungen zu verstehen, die der Erhaltung, Nutzung und Mehrung der Nachlassgegenstände dienen können.

Es kommt nicht darauf an, ob das Tun oder Unterlassen nur im Innenverhältnis unter den Miterben wirkt oder, ob es im Außenverhältnis gegenüber Dritten Wirkung entfaltet. Das Gesetz unterscheidet bei der Verwaltung des Nachlasses im Sinne des § 2038 BGB nicht zwischen einer sogenannten Geschäftsführung im Innenverhältnis und einer Vertretung im Außenverhältnis.

Eine Erbengemeinschaft kann auch einem oder mehreren Miterben die Verwaltung des Nachlasses (widerruflich) übertragen.

Grundsatz der gemeinschaftlichen Verwaltung

Die Verwaltung des Nachlasses steht den Miterben gemeinschaftlich zu (§ 2038 Absatz 1 Satz 1 BGB). Der Miterbe ist zur Mitwirkung bei der Verwaltung des Nachlasses nicht nur berechtigt, sondern gegenüber seinen Miterben hierzu auch verpflichtet (§ 2038 Absatz 1 Satz 2 BGB). Verweigert ein Miterbe ohne jeden nachvollziehbaren Grund die erforderliche Mitwirkungshandlungen, kann er sich schadensersatzpflichtig machen.

Unterschiedliche Verwaltungsmaßnahmen

§ 2038 BGB bestimmt eine gemeinschaftliche Verwaltung. Dies bedeutet nicht immer eine einstimmige Willensbildung durch die Miterben. Vielmehr ist die Frage, ob es einer Einstimmigkeit, Mehrheitsentscheidung oder in Ausnahmefällen sogar nur des Handelns eines Erben bedarf, von der Art der Verwaltungsmaßnahme abhängig.

  • Außerordentliche Verwaltungsmaßnahmen, die für den Nachlass eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung haben, bedürfen einer einstimmigen Entscheidung aller Miterben (§ 2038 Absatz 1 Satz 1 BGB). Außerordentliche Maßnahmen sind beispielsweise eine Klage auf Aufhebung eines Mietverhältnisses, sowie auf Räumung und Herausgabe einer Wohnung, die Erteilung der Löschungsbewilligung für eine Grundbucheintragung und die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs. Auch die Veräußerung des einzigen Nachlassgrundstücks ist regelmäßig eine außerordentliche Maßnahmen, wenn nicht Besonderheiten des Einzelfalls eine ordnungsgemäße Verwaltung begründen, etwa weil das Grundstück außer an einen bestimmten Interessenten nahezu unveräußerlich ist (OLG Koblenz, ZEV 2011, 321).
  • Maßnahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung sind solche Verwaltungsmaßnahmen, durch die der Nachlass nicht wesentlich verändert wird und die das Vermögen einzelner Miterben nicht gefährden oder mindern (§§ 2038 Absatz 2, 745 BGB). Solche Maßnahmen bedürfen grundsätzlich nur einer Stimmenmehrheit. Bei der Berechnung, ob diese vorliegt, wird die Größe der den einzelnen Miterben zustehenden Erbteile berücksichtigt. Es wird nicht nach Köpfen abgestimmt. Ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahmen sind beispielsweise Baumaßnahmen auf einem Grundstück, die Einziehung von Forderungen, die Begleichung von Nachlassschulden, die Auszahlung von Pflichtteilsansprüchen, Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen, wenn sie aus Nachlassmitteln beglichen werden können, sowie die Vermietung und Verpachtung von Nachlassgegenständen. Ist eine Maßnahme zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich, kann eine Mitwirkung eines Miterben verlangt werden (§ 2038 Absatz 1 Satz 2 BGB), wenn die Maßnahme aus der Sicht eines vernünftigen und wirtschaftlich denkenden Betrachters dem Nachlassgegenstand gerecht wird und, wenn sie nach billigem Ermessen im Interesse aller Miterben liegt.
  • Notwendige Verwaltungsmaßnahmen liegen vor, wenn ihre dringende Erledigung erforderlich ist, um den Nachlass insgesamt oder einzelne Teile zu erhalten. Erforderlich ist, dass sie nicht aufgeschoben werden können, bis die anderen Miterben zustimmen. Solche Maßnahmen kann jeder einzelne Miterbe ohne die Mitwirkung der anderen vornehmen (§ 2038 Absatz 1 Satz 2, Halbsatz 2 BGB). Notverwaltungsmaßnahmen sind beispielsweise eine dringende Dachreparatur nach einem Sturm, um eindringende Feuchtigkeit zu verhindern, der Verkauf verderblicher Sachen oder Abwehrmaßnahmen gegen einen rechtswidrigen Eingriff in den Nachlass.

Tipp vom Fachanwalt für Erbrecht

Oft ist die Grenze zwischen einer ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung, welche eine Stimmenmehrheit erfordert, und einer Notverwaltungsmaßnahme, die jeder Erbe allein vornehmen darf, nicht eindeutig. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass keine Notverwaltungsmaßnahme vorlag und ein Miterbe deshalb nicht alleine handeln durfte, muss der handelnde Miterbe möglicherweise nicht nur die Kosten der Maßnahme selber tragen, sondern darüber hinaus eventuell den Miterben Schadensersatz leisten. Deshalb sollte ein Miterbe immer versuchen, einen Mehrheitsbeschluss zu erzielen oder wenn dies aus zeitlichen Gründen nicht möglich erscheint eilige Maßnahmen zumindest mit möglichst vielen anderen Miterben abzustimmen.

Einziehung einer zum Nachlass gehörenden Forderung

Von den vorangehend dargestellten Verwaltungsmaßnahmen zu unterscheiden ist die Geltendmachung und Durchsetzung einer zum Nachlass gehörenden Forderung durch einzelne Miterben. § 2039 Absatz 1 Satz 1 BGB berechtigt jeden Miterben solche Forderungen alleine im eigenen Namen durchzusetzen und notfalls gerichtlich geltend zu machen, sowie die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Der Miterbe kann jedoch nicht eine Leistung an sich alleine verlangen, sondern nur eine Leistung an alle Miterben.

Verfügungen über Nachlassgegenstände

Unter einer „Verfügung“ versteht man die Übertragung, die Belastung, die inhaltliche Änderung oder die Aufhebung eines bereits bestehenden Rechts. Betreffen solche Verfügungen Nachlassgegenstände, können sie nur von allen Miterben gemeinschaftlich erfolgen (§ 2040 BGB). Aus diesem Grunde müssen beispielsweise bei der Übereignung eines Nachlassgrundstücks ebenso wie bei der Bestellung eines Nießbrauchs an einem solchen Grundstück alle Erben gemeinschaftlich handeln. Ein bloß mehrheitliches Handeln reicht nicht aus.

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