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Postmortale Vollmacht: Wie Sie durch eine Vollmacht über den Tod hinaus die Nachlassverwaltung sichern

Viele Erblasser entscheiden sich zu Lebzeiten dafür, einen oder mehrere ihrer Erben mit einer Vollmacht auszustatten, die über den Tod hinaus gültig ist. Die Bevollmächtigten haben dann das Recht, Entscheidungen im Namen des Vollmachtgebers zu treffen, was aus verschiedenen Gründen und in verschiedenen Situationen sinnvoll sein kann.

In diesem Artikel erfahren Sie alles Wissenswerte über die Vollmacht über den Tod hinaus und die Bedeutung für Sie und Ihre Angehörigen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine „Vollmacht über den Tod hinaus“ ermöglicht einer bevollmächtigten Person, im Auftrag des Vollmachtgebers auch nach dessen Tod zu handeln.
  • Sie wird häufig eingesetzt, um Nachlassangelegenheiten reibungslos und effizient zu regeln und eventuelle Konflikte unter den Erben zu vermeiden.
  • Die Erteilung einer postmortalen Vollmacht ist formfrei und kann somit auch mündlich erfolgen. Allerdings empfiehlt es sich aus Gründen der Sicherheit und Klarheit, eine schriftliche Form zu wählen und in bestimmten Fällen eine notarielle Beurkundung vorzunehmen.
  • Eine erteilte Vollmacht kann jederzeit vom Vollmachtgeber widerrufen werden. Nach dem Tod des Vollmachtgebers können die Erben die Vollmacht ebenfalls widerrufen.
  • Die postmortale Vollmacht ist ein wichtiges Instrument im Bereich des Erbrechts. Ihre spezifische Ausgestaltung und Anwendung sollte jedoch immer mit einem erfahrenen Rechtsberater besprochen werden.

Warum ist eine Vollmacht über den Tod hinaus sinnvoll?

Oft stehen direkt nach einem Erbfall wichtige Entscheidungen an. Beispielsweise müssen

  • Rechnungen bezahlt,
  • Unternehmensentscheidungen getroffen,
  • das Aktiendepot umgeschichtet oder
  • günstige Grundstücksgeschäfte vorgenommen werden.

Ernüchtert stellten Erben dann oftmals fest, dass der Nachlass so lange handlungsunfähig ist, bis sie ihre Erbenstellung nachweisen können. So verlangen Registergerichte für Eintragungen in das Handelsregister oder in das Grundbuch beispielsweise einen Nachweis der Rechtsnachfolge in öffentlich beglaubigter Form.

Liegt keine notariell abgefasste letztwillige Verfügung vor, bleibt den Erben nichts anderes übrig, als einen Erbschein (§ 2353) zu beantragen, aus dem sich ihr gesetzliches oder testamentarisches Erbrecht ergibt. Der Erbschein ist sozusagen der Personalausweis des Erben. Auch ein Testamentsvollstrecker muss sich durch ein gerichtliches Zeugnis legitimieren, um für den Nachlass handeln zu können.

Die Erteilung eines Erbscheins oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses (§ 2368 BGB) durch das Nachlassgericht kann mehrere Monate in Anspruch nehmen. Hierdurch kann sich die Nachlassverwaltung, insbesondere die Zahlung von Nachlassschulden, erheblich verzögern. Das kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld und unnötige Nerven.

Wie hilft im Erbfall eine Vollmacht über den Tod hinaus?

Der Erblasser hat es in der Hand, diese missliche Lage mit einer „transmortalen Vollmacht“ schon zu Lebzeiten zu beheben. Er kann einer Vertrauensperson eine Vollmacht erteilen, welche auch nach seinem Tod gültig ist. Hierbei stehen dem Erblasser zwei Vollmachtsarten zur Verfügung:

  • transmortale Vollmacht, die bereits zu Lebzeiten gilt und über den Tod hinauswirkt
  • postmortale Vollmacht, welche erst mit dem Tod des Erblassers wirksam wird

Gerade erstere kann als sog. Vorsorgevollmacht ausgestaltet werden und sicherstellen, dass bei einer Geschäftsunfähigkeit vor dem Tode kein Betreuer eingesetzt wird, sondern eine Vertrauensperson als Bevollmächtigter.

Tritt nun der Erbfall ein, ist der Bevollmächtigte direkt handlungsfähig:

  • Er muss nicht abwarten, bis Fragen der Erbschaft geklärt sind.
  • Der Bevollmächtigte muss nicht herausfinden, wer Erbe ist oder sich mit diesem abstimmen.
  • Wird ein Minderjähriger Erbe, muss der Bevollmächtigte auch nicht die Genehmigung des gesetzlichen Vertreters einholen.

Praxistipp:

Auch wenn der Erblasser eine Testamentsvollstreckung vorgesehen hat, kann die zusätzliche Erteilung einer Vollmacht Sinn machen. Der Testamentsvollstrecker kann mit dieser bereits vor der Eröffnung der letztwilligen Verfügung und auch vor der Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses handeln.

Wenn Sie Fragen zum Thema haben, helfen Ihnen die Fachanwälte für Erbrecht in München gern weiter. Vereinbaren Sie doch einfach einen persönlichen Beratungstermin und nehmen Sie Kontakt zur Kanzlei Advocatio auf!

Gibt es einen Unterschied zwischen der Generalvollmacht über den Tod hinaus und der Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus?

Eine Generalvollmacht über den Tod hinaus und eine Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus sind zwei verschiedene Arten von Vollmachten, die unterschiedliche Zwecke verfolgen.

  1. Eine Generalvollmacht über den Tod hinaus ist eine Vollmacht, die einer Person erlaubt, eine andere Person als Bevollmächtigten zu benennen, um in ihrem Namen umfassende Entscheidungen zu treffen, auch nach dem Tod der Vollmachtgeberin oder des Vollmachtgebers. Eine solche Vollmacht kann beispielsweise für die Vermögensverwaltung, den Abschluss von Verträgen oder die Vertretung in gerichtlichen Verfahren gelten.
  2. Eine Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus hingegen bezieht sich speziell auf Entscheidungen im Bereich der Gesundheitsfürsorge und der Pflegebedürftigkeit. Die Vollmacht ermächtigt den Bevollmächtigten, im Falle der eigenen Entscheidungsunfähigkeit die medizinische Versorgung zu regeln und über lebenserhaltende Maßnahmen zu entscheiden, auch über den Tod hinaus.

Der Unterschied zwischen den beiden Vollmachten liegt also in ihrem Anwendungsbereich. Während eine Generalvollmacht über den Tod hinaus umfassende Entscheidungen betrifft, bezieht sich eine Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus speziell auf die medizinische Versorgung und die Pflegebedürftigkeit. Es ist empfehlenswert, beide Arten von Vollmachten zu erstellen, um umfassend für den Ernstfall vorzusorgen.

Wie erteilt man eine Vollmacht?

Wie auch jede andere Vollmacht ist die Erteilung einer Vollmacht gem. § 167 BGB formfrei und damit auch mündlich möglich. Sinnvoll ist dies allerdings nicht. Um sich Dritten gegenüber legitimieren zu können, sollte die Vollmacht stets schriftlich erteilt werden. Für die Vornahme von Kündigungen ist dies beispielsweise unausweichlich, da diese ohne Vorlage einer Vollmachtsurkunde nach § 174 S. 1 BGB unverzüglich zurückgewiesen werden kann.

Befinden sich Grundstücke oder Handelsgeschäfte im Nachlass, sollte die Vollmacht zudem öffentlich beglaubigt werden. Hier beglaubigt ein Notar oder eine sonstige hierfür befugte öffentliche Stelle die Echtheit der Unterschrift unter der schriftlichen Vollmacht. Hiermit sind dann auch Handelsregistereintragungen und Grundstücksgeschäfte möglich. Eine notarielle Beurkundung bspw. einer letztwilligen Verfügung hat zwar nach § 129 Abs. 2 BGB dieselbe Wirkung, löst allerdings deutlich höhere Kosten aus.

Wie kann man eine Vollmacht widerrufen?

Manchmal will der Erbe eine Bevollmächtigung jedoch gar nicht. Grundsätzlich kann der Erbe die Vollmacht als Rechtsnachfolger des Bevollmächtigenden die Vollmacht jederzeit widerrufen. Das Gesetz geht nach § 168 S. 2 BGB von einer Widerruflichkeit der Vollmacht aus. Stets der Fall ist dies bei einer umfassenden Vorsorgevollmacht, da eine Unwiderruflichkeit einen zu großen Eingriff in die Privatautonomie darstellen würde.

Wird die Vollmacht unwiderruflich ausgestaltet, kann sie dennoch aus wichtigem Grund widerrufen werden. Widerruft nur ein Miterbe, treffen die Wirkungen des Widerrufs auch nur ihn. Der nicht widerrufende Miterbe kann demnach bei Geschäften, die er alleine durchführen kann, weiter durch den Bevollmächtigten vertreten werden. Der widerrufende Miterbe kann allerdings verlangen, dass auf der Vollmachtsurkunde sein Widerruf vermerkt wird, um die Rechtsscheinwirkung der Urkunde insoweit zu beseitigen.

Praxistipp:

Sollen durch den Bevollmächtigten Bankgeschäfte getätigt werden, empfiehlt es sich die speziellen Vordrucke der Bank zu verwenden. Oftmals weigern sich Banken nach dem Erbfall – berechtigt oder unberechtigt – andere Vollmachten zu akzeptieren.

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Fall aus der Praxis

Die Praxis zeigt, wie wichtig es ist, bei der Ausgestaltung einer Vollmacht keinen Fehler zu machen. Das OLG München hatte beispielsweise in seinem Beschluss vom 07.07.2014 (34 WX 265/14 = BECKRS 2014, 14197) über die Frage zu entscheiden, ob eine Vorsorgevollmacht mit dem Tod des Vollmachtgebers erlischt, wenn in der Vollmachtsurkunde selbst der Satz „Die Vollmacht gilt über den Tod hinaus“ fehlt.

In dem vom OLG München zu entscheidenden Fall hatte der Vollmachtgeber ein Formular aus dem Ratgeber „Vorsorge für Unfall, Krankheit oder Alter“, erschienen im Verlag C.H. Beck, verwendet. In der aktuellen 14. Aufl. dieses Formulars findet sich folgender Satz: „Ich will, dass die Vollmacht über den Tod hinaus bis zum Widerruf durch die Erben fort gilt.“ Der Vollmachtgeber hat dann die Möglichkeit das Feld „Ja“ oder „Nein“ anzukreuzen. Scheinbar hatte der Vollmachtgeber diees in dem vom OLG München zu entscheidenden Fall vergessen.

Da die Urkunde also keine eindeutige Erklärung zur Fortdauer der Vollmacht über den Tod des Vollmachtgebers hinaus enthalten hat, bestimmt sich diese Frage nach Auffassung des Gerichts nach der Bestimmung des § 168 BGB durch Auslegung des zu Grunde liegenden Auftragsverhältnisses (§ 662 BGB), ob eine Fortgeltung vom Vollmachtgeber gewollt ist. Je mehr der Auftragsgegenstand auf die Person und die persönlichen Verhältnissen des Auftraggebers zugeschnitten sind, desto eher ist anzunehmen, dass der Auftrag mit dem Tod des Auftraggebers erlöschen solle. Dabei ist mit der herrschenden Meinung davon auszugehen, dass bei einer Altersvorsorgevollmacht mit dem Tod des Vollmachtgebers auch die Vertretungsmacht im Bereich der Vermögensverwaltung erlösche (OLG Hamm, DNotZ 2003, 120).

Die gegenständliche Vollmacht bezweckt ersichtlich die Vorsorge für das Alter der vertretenen Person. Im Vordergrund stehen Maßnahmen der Personensorge (Gesundheit, ärztliche und pflegerische Maßnahmen, Aufenthaltsbestimmung). Aus der Vollmacht sei nicht zu entnehmen, dass über die Personenbetreuung hinaus individuelle Erklärungen zur Vermögensorge enthalten sind. Zudem äußert sich die Vollmacht ausdrücklich nur für die Fortdauer für den Fall der Geschäftsunfähigkeit, besagt aber gerade nicht zur Fortdauer über den Tod hinaus.

Die Vorsorgevollmacht ist damit nach Ansicht des OLG München mit dem Tod des Vollmachtgebers erloschen.

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Die Regelung Ihrer Nachfolge und die Erteilung einer Vollmacht über den Tod hinaus sind komplexe Themen, die sorgfältige Überlegungen erfordern. Bei uns sind Sie dabei in den besten Händen.

Lassen Sie uns diese wichtigen Schritte gemeinsam angehen, um Ihre Wünsche und Interessen optimal zu vertreten. Unser erfahrenes Team aus Fachanwälten für Erbrecht steht bereit, um Ihre Fragen zu beantworten und Sie zu unterstützen.

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