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Anpassung Ausschlussklausel in Arbeitsverträgen

Kein Schriftformerfordernis für Erklärungen von Arbeitnehmern

Arbeitsverträge unterliegen als Allgemeine Geschäftsbedingungen („AGB“) der Inhaltskontrolle. Zum 1.10.2016 wurde § 309 Nr. 13 BGB angepasst. Vor der Anpassung durfte in dem Arbeitsvertrag für eine Anzeige oder Erklärung des Arbeitnehmers keine strengere Form als die Schriftform gem. § 126 BG verlangt werden. Mit der Gesetzesänderung darf nun keine strengere Form als die Textform gemäß § 126b BGB vereinbart werden. Der Textform genügt z. B. eine E-Mail oder ein Fax.

Daraus ergeben sich ab dem 1.10.2016 folgende arbeitsrechtlichen Konsequenzen

Nach dem 1.10.2016 abgeschlossene Arbeitsverträge (Neuverträge)

(1)    Ausschlussklauseln (1. Stufe), nach denen Ansprüche verfallen, soweit sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden, dürfen vom Arbeitnehmer keine Schriftform mehr verlangen! Enthält ein Arbeitsvertrag, der nach dem 1.10.2016 geschlossen wird, eine Pflicht zur schriftlichen Geltendmachung, ist dieses Schriftformerfordernis unwirksam.

(2)    Es genügt dann zur Fristwahrung auch eine mündliche Anzeige.

(3)    Verlangt die Ausschlussklausel in der 2. Stufe, dass der Anspruch bei Nichterfüllung trotz Geltendmachung innerhalb von weiteren 3 Monaten einzuklagen sei, bleibt diese Klausel wirksam. Ein Verstoß gegen § 309 Nr. 13 BGB liegt nicht vor, zumal die Regelung den arbeitsrechtlichen Besonderheiten i. S. v. § 310 Abs. 4 S. 2 BGB entspricht (BAG 5 AZR 572/04 – NZA 2005, 1111).

(4)    Ein vertraglich vereinbartes Schriftformerfordernis für Kündigungen ist weiterhin zu beachten. Das Schriftformerfordernis ist schon nach § 623 BGB zwingend.  § 309 Nr. 13 BGB ist nicht anzuwenden (siehe 307 Abs. 3 S. 1 BGB).

(5)    Ist für die Änderung des Vertrags die Schriftform vorgeschrieben, gilt § 309 Nr. 13 BGB nicht. Dennoch: „doppelte Schriftformklauseln“ sind schon wegen des Vorrangs der Individualabrede unwirksam (BAG 9 AZR 382/07 – NZA 2008, 1233).

(6)    Das vertragliche vereinbarte Schriftformerfordernis für Erklärungen des Arbeitgebers (z.B. schriftliche Zustimmung zur Nebentätigkeit) bleibt wirksam. § 309 Nr. 13 BGB ist nur auf Erklärungen des Arbeitnehmers anwendbar.

(7)    Tarifvertragliche Ausschlussfristen bleiben als arbeitsrechtliche Besonderheit unverändert wirksam (§ 310 Abs. 4 S. 1 BGB).

Vor dem 1.10.2016 abgeschlossene Arbeitsverträge (Altverträge)

(1)    Keine Anwendung der Neuregelung auf Altverträge! Nach der Übergangsregelung in Art. 229 § 37 EGBGB gilt die Änderung des § 309 Nr. 13 BGB nur für Arbeitsverhältnisse, die nach dem 30.9.2016 abgeschlossen werden.

(2)    In Altverträgen vereinbarte Schriftformerfordernisse (z. B. in Ausschlussklauseln) bleiben daher wirksam.

(3)    Werden diese Altverträge aber später abgeändert, dann besteht nach der Rechtsprechung zumindest die Gefahr auch bei nur geringfügigen Änderungen, dass aus einem Altvertrag ein sogenannter Neuvertrag wird (so das BAG zum AGB-Recht: vgl. BAG 4 AZR 514/08 – NZA 2010, 170) und daher die Neuregelung anwendbar wird. Zwar gilt die Neuregelung nach der gesetzlichen Regelung nur für Schuldverhältnisse, die nach dem 30.9.2016 entstanden sind. Dennoch besteht hier keine Rechtssicherheit.

Wir empfehlen daher bei Änderungen eines Altvertrags gleichzeitig die Anpassung der Ausschlussklausel (Textform).

Aufhebungs- und Abwicklungsvereinbarungen

Aufhebungs- und Abwicklungsvereinbarungen enthalten nicht selten Sonderkündigungsrechte des Arbeitnehmers (Sprinterklausel). Danach kann der Arbeitnehmer einseitig durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis vorzeitig beenden.

Diese Klausel verstößt bezüglich des Schriftformerfordernisses nicht gegen § 309 Nr. 13 BGB. Die Ausübung des Sonderkündigungsrechts betrifft die Beendigung des Vertrages, die schon nach § 623 BGB schriftlich zu erfolgen hat(BAG 6 AZR 709/14 – NZA 2016, 361).

Tipp vom Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht

Arbeitgeber sollten ihre Arbeitsvertragsformulare anpassen, um die teilweise Unwirksamkeit alter Arbeitsverträge mit alten Regelungen zu vermeiden.

Werden Altverträge geändert, sollten die bisherigen Ausschlussklauseln ebenfalls der neuen Gesetzeslage angepasst werden, um einer möglichen Entstehung eines „Neuvertrages“ und damit die Anwendbarkeit der gesetzlichen Neuregelung vorzubeugen.

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